Schüler mit Tics

„Viele der heute Erwachsenen haben ihre Schulzeit als ‚Spießrutenlauf‘ erlebt. Mehrheitlich wird heute der Vorwurf geäußert, dass sie in der Schule wegen der Tics gehänselt, isoliert oder gar bestraft wurden, zumeist, da die Diagnose Tourette-Syndrom nicht gestellt worden war, oder weil trotz richtiger Diagnose wenig oder keine Toleranz und kein Verständnis aufgebracht wurden. Gewünscht hätten sich die meisten einen ‚ganz normalen‘ Schulbesuch ohne Ausgrenzung. Für einen jungen, heranwachsenden Menschen ist es sehr wichtig, nicht als ‚Ansammlung von Tics‘ gesehen zu werden, sondern als Persönlichkeit - wie jeder andere Mensch - mit Stärken, Talenten und Vorzügen einerseits und Eigenheiten und Schwächen andererseits. Viele Tourette-Betroffene haben während ihrer Schulzeit nur Tadel und nie Lob erfahren. Nur durch Anerkennung kann aber aus einem Kind ein Erwachsener mit Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen werden. Dabei ist die Vorbild- und Leitfunktion eines Lehrers von großem Wert.“[1]

Hinweis: Diese Merkmalsliste soll lediglich das Erkennen eines Tics erleichtern, eine Diagnose kann nur der fachkundige Arzt bzw. Jugendpsychiater stellen.

Erkennungsmerkmale von Tics

Ein Schüler mit Tics / dem Tourette-Syndrom…

  • hat motorische oder vokale Tics (bis zum Tourette-Syndrom)
  • wird unter Umständen von Klassenkameraden gemieden, gehänselt oder ausgelacht
  • kann seine Tics willentlich aufschieben, aber nur selten verhindern
  • spürt das Kommen eines Tics schon vorher
  • weist eine geringe Frustrationstoleranz auf
  • leidet oft zusätzlich an ADHS oder Zwangsstörungen
  • verhält sich eventuell aggressiv gegen Bezugspersonen
  • hat oft bei normaler Begabung Lernschwierigkeiten

Handlungsmöglichkeiten

  • Ausführliches Gespräch mit den Eltern des Schülers – Absprachen zum Umgang mit dem Schüler und zur Information der Klasse sowie der unterrichtenden Lehrer!
  • Verständnis für gelegentliches „Austicken“, bei dem der Schüler nach Absprache den Raum verlassen kann!
  • Entspannungsübungen zur Stressreduktion!
  • Bei Blinzel-Tics: Mehr Zeit zum Schreiben (Nachteilsausgleich)!
  • Kein Bemitleiden!
  • Mildere vokale Tics ignorieren!
  • Vokale Tics, die den Schüler beim Sprechen massiv beeinträchtigen, darf der Schüler Aufgaben schriftlich bearbeiten oder den Zeilen mit dem Finger folgen – Vorlesen sollte nicht erzwungen werden!
  • Bei lauten vokalen oder intensiven motorischen Tics darf der Schüler Klassenarbeiten in einem separaten Raum schreiben!
  • Keine Aufforderungen wie „Lass das!“ – sie sind wirkungslos oder verstärken das Verhalten! (Andere Normverletzungen aber durchaus unterbinden!)
  • Die Klasse wird über Tics aufgeklärt – für Akzeptanz werben!
  • Auftreten der Tics beobachten! Wann kommt es dazu? Wann eher nicht?
  • Kinder- und Jugendpsychiater konsultieren – weitere Informationen bei I IVTS e. V. und TGD e. V.!
  • Klassenlehrer und Schulleitung informieren!
  • Möglichst stressfreie Umgebung schaffen!

Literatur

  • Menzel, Dirk / Wiater, Werner (Hgg.): Verhaltensauffällige Schüler. Symptome, Ursachen und Handlungsmöglichkeiten. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, 2009 (Menzel, S. 377 ff.)

Internet

[1] Müller-Vahl / Rothenberger (1997), S. 25