Musik: Akustische Anteile einer Inszenierung

Musik, Klänge, Geräusche sind für die Gesamtwirkung eines Theaterstücks von überragender Bedeutung. Wir kennen die Verbindung von szenischen Elementen und Ton vor allem aus dem Musiktheater, aus Musical und Oper. Auch in außereuropäischen Theaterkulturen gehen Schauspiel und Musik eine enge Beziehung ein – zum Beispiel in der Pekingoper oder im südindischen Theater. Aber auch aus klassischen und modernen Stücken des Westens sind Lieder und Songs nicht wegzudenken: Was wäre der „Faust“ ohne Margaretes Lieder? Was wäre Shakespeare ohne die Songs? Gesungen wird bei Ödön von Hórvath ebenso wie bei Brecht, einzeln und im Chor. Die Technisierung des Theaters hat der Soundscape eines Stücks zahlreiche neue Möglichkeiten hinzugefügt.

Wichtige Begriffe

  • Schauspielmusik ist die begleitende und ins Stück integrierte Musik. Sie wird – im Gegensatz zur Oper – für die Inszenierung eigens arrangiert (oder sogar komponiert).
  • Orchestergraben ist die oft eingesenkte Fläche vor der Bühne, wo die Schauspielmusiker Platz finden.
  • Bühnenmusik ist dagegen die Musik, die auf der Bühne hervorgebracht wird.
  • Ein (Schauspiel-)Kapellmeister war früher für die musikalische Begleitung des Schauspiels zuständig (und in einigen Häusern ist er es noch, etwa in Baden-Baden, Cottbus, Dortmund und Paderborn).
  • Das Couplet ist ein witziges, oft frivoles oder satirisches Bühnenlied, etwa in den Stücken des Alt-Wiener Volkstheaters von Johann Nepomuk Nestroy und Ferdinand Raimund (Wiener Couplet) und in verfremdeter Form bei Bertolt Brecht (Song).

Welche Formen des Musiktheaters gibt es?

Meist stellt man sich unter dem Begriff „Theater“ das Sprechtheater vor. Aber auch das Musiktheater ist Theater, wenngleich mit anderen Schwerpunkten. Dazu gehört:

  • Die Oper, als Vertonung einer dramatischen Dichtung, die von einem Sängerensemble, einem begleitenden Orchester sowie manchmal von einem Chor und einem Ballettensemble ausgeführt wird;
  • Die Operette als leichte Form des unterhaltenden Musikdramas, mit eingängiger Musik, komischer oder sentimentaler Handlung und gesprochenen Dialogen zwischen den Musiknummern.
  • Das Musical, als populäres Musiktheater, oft in zwei Akten, das Gesang, Tanz, Schauspiel, Dialog und Musik in einem durchgängigen Handlungsrahmen verbindet.
  • Das Singspiel, als Schauspiel mit musikalischen Einlagen und meist heiterer Grundstimmung, verwandt mit der französischen Opéra comique, der spanischen Zarzuela und der italienischen Opera buffa.

Was trägt zur Akustik eines Stücks bei?

Was auf der Bühne zu hören ist, gehört in eine der folgenden Kategorien:

  • Sprache, also die verbalen Äußerungen der Schauspieler und etwaiger Sprecher, aber auch in Form von Aufnahmen;
  • Gesang, auch zu Musikbegleitung oder im Chor;
  • Musik, als Bühnenmusik aus dem Orchestergraben oder von den Schauspielern gespielte Musik oder als Musik, die sich aus dem Einsatz von Requisiten ergeben;
  • Klänge, die im Off oder von Schauspielern hervorgebracht werden, mit Requisiten oder Instrumenten; zusammen bilden sie die Geräuschkulisse (oder Soundscape);
  • Geräusche, die beim Spiel entstehen oder intendiert sind; natürliche Geräusche wie Atem oder technisch erzeugte Geräusche;
  • Hintergrundgeräusche, die außerhalb der Bühne entstehen (Husten und Füßescharren im Publikum)
  • Stille, als Hintergrund für Äußerungen und als geplante Stille.

Welche Funktion haben Klänge und Geräusche?

Prinzipiell verhält sich die Akustik zum szenischen Anteil des Stücks

  • Unterstützend, wenn sie das Geschehen auf der Bühne in seiner Wirkung verstärkt;
  • Rhythmisierend, wenn sie Bewegungen oder einen Sprechtakt vorgeben;
  • Anleitend, wenn sie die Schauspieler im Spiel, die Techniker in ihrer Funktion und die Zuschauer beim Betrachten begleiten;
  • Kontrastierend, wenn sie im Gegensatz zum Bühnengeschehen stehen.

Wozu dient Musik auf der Bühne?

  • Musik ermöglicht es, Emotionen zu wecken oder intensiver darzustellen;
  • Musik schafft eine bestimmte Atmosphäre;
  • Musik hebt leitmotivisch Elemente der Handlung hervor;
  • Musik rhythmisiert Bewegungen auf der Bühne, insbesondere beim Tanz;
  • Musik strukturiert das Stück, schafft markante Gliederungsmomente:
  • Musik eröffnet und schließt Handlungssequenzen (oder das ganze Stück);
  • Musik baut Spannung auf und ermöglicht subtile Vorausdeutungen;
  • Musik trägt zur Verfremdung bei (etwa bei Brecht);
  • Musik dient zur Überbrückung von Pausen;
  • Musik legt bestimmte Deutungen

Übungen

  • Travestie: Die Teilnehmenden machen aus einer Sprechszene eine Gesangsszene – als Oper, Operette, Musical…!
  • Rhythmus: Die Teilnehmenden bewegen sich zum Rhythmus, den die Spielleitung vorgibt.
  • Musikbegleitung: Ein Instrument gibt Impulse, die szenisch umgesetzt werden müssen.
  • Pinguine: Die Teilnehmenden stellen sich an gegenüberliegenden Wänden auf, bekommen die Augen verbunden. Dann drehen sie sich mehrfach und versuchen einander an den Stimmen zu einem vorgegebenen Lautwort zu finden („Piep“).
  • Körperinstrumente: Erzeugt mit euren Körpern ein möglichst spannendes Perkussionsstück.
  • Improvisierte Instrumente: Instrumentiert euren Text mit den Gegenständen, die gerade so herumliegen.
  • Spiel zum Lied: Hört euch ein Lied an, dessen Text ihr verstehen könnt. Setzt es szenisch um!
  • Harmonie: Summt einen Ton, Geht dann aufeinander zu und findet alle einen gemeinsamen Ton.
  • Orffsche Erzählung: Besorgt euch Orffsche Instrumente. Entwickelt damit ein Spiel in der Gruppe, bei dem ihr zur Kommunikation nur die Intrumente einsetzt.
  • Maschine: Die Teilnehmenden ergänzen sich schrittweise zu einer Maschine, wobei alle eine Bewegung und ein Geräusch einbringen.
  • Impro-Medley: Sucht euch ein vielfältiges Medley. Jedes Mal, wenn das Medley zum neuen Thema springt, ändert ihr euer Szenenthema.
  • Varianten: Spielt ein- und dieselbe Szene zu unterschiedlichen Musikstücken.
  • Geräuschkreis: Kreissituation: Die Teilnehmenden spielen einander einen Ball zu. Beim Werfen gibt man ein Geräusch vor, das der Fänger übernimmt und umwandelt.

Bibliographie

  • Kramer, Ursula: Theater mit Musik: 400 Jahre Schauspielmusik im europäischen Theater: Bedingungen - Strategien – Wahrnehmungen. Bielefeld: Transcript-Verl., 2014
  • Roesner, David: Theatermusik: Analysen und Gespräche. Berlin: Theater der Zeit, 2019 (Theater der Zeit. Recherchen; 151)
  • Mungen, Anno (Hg,.): Mitten im Leben: Musiktheater von der Oper zur Everyday Performance. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2011 (Thurnauer Schriften zum Musiktheater; 23)