Das Spiel mit Kostümen

Seit Menschen sich kleiden, verkleiden sie sich und schlüpfen in andere Rollen Damit ist Kleidung eng verknüpft mit dem Grundprinzip des Theaterspiels: dem Annehmen einer anderen Identität.

Warum kann es hilfreich sein, sich mit Kostümen zu befassen?

  • Man kann seine eigene „Kostümierung“ durch Kleidung im Alltag besser einschätzen und zur Geltung bringen.
  • Man durchschaut, wie sich Menschen in der Umgebung durch Kleidung inszenieren.

Was ist die Aufgabe eines Kostüms?

  • Kostüme markieren Status und stellen Hierarchien dar.
  • Kostüme erlauben die Zuordnung der Figur zu einer sozialen Schicht.
  • Kostüme stellen einen Geschlechtstyp her, der sich vom natürlichen Geschlecht der schauspielenden Person unterscheiden kann (z. B. bei Hosenrollen).
  • Kostüme unterstützen die Arbeit des Schauspielers.
  • Kostüme können zur Akustik des Stücks beitragen (z. B. flatternde Ärmel, knisternde Anzüge).
  • Kostüme charakterisieren Figuren und schaffen Momente Wiedererkennens.
  • Kostüme erlauben einen Rollenwechsel.
  • Das Umkleiden auf der Bühne kann zur Verfremdung des Stücks beitragen.
  • Kostüme können auch karikieren, wenn Figuren durch Übertreibung komisch werden.
  • Kostüme tragen in jedem Fall zur visuellen Gesamtwirkung des Stücks

Welche Arten von Kostümen gibt es?

  • Historisch sind Kostüme die einer bestimmten Epoche nachempfunden sind, in der Regel der Epoche, aus der das Stück auch stammt.
  • Anachronistisch sind Kostüme, die erkennbar einer anderen Zeit angehören als das Stück oder dessen Handlung.
  • Symbolisch sind Kostüme, die einen inhaltlichen Aspekt hervorheben.
  • Neutral sind Kostüme, die einfarbig oder einheitlich schwarz sind und weder zeitlich noch symbolisch einzuordnen sind.
  • Realistisch sind Kostüme, die der Wirklichkeit nachempfunden sind.
  • Abstrakt sind Kostüme, die losgelöst sind von der Situation im Stück.
  • Stilisiert sind Kostüme, bei denen ein ansonsten neutrales Kostüm durch einzelne Elemente charakterisiert wird (etwa einen Hut).
  • Eine Sonderform des Kostüms ist Nacktheit.

Womit muss man Kostüme abstimmen?

  • Kostüme müssen zur Figur, zum Teint und zur Ausstrahlung des Schauspielers
  • Das Kostüm steht immer in der Wechselwirkung mit der Maske und wird oft mit dieser zusammen geplant.
  • Kostüme wandeln sich je nach Beleuchtung; das muss im Lichtkonzept berücksichtigt werden.
  • Kostüme wirken im Zusammenspiel mit der Bühnendekoration, etwa mit den Kulissen.
  • Praktische Aspekte sind ebenfalls zu berücksichtigen; sie ergeben sich meist erst bei den Proben und in Zusammenarbeit mit der Regie– strapazierfähige Stoffe bei artistischen Einlagen können gebraucht werden oder perforierte Linien zum Reißen.

Wie entsteht ein Theaterkostüm?

  1. Zunächst stimmen sich Regie, Bühnenbild, Maske, Chorographie und Lichtdesign ab und konkretisieren ihre Vereinbarungen im Regiekonzept; in den folgenden Stufen bleibt der künstlerische Austausch von großer Bedeutung;
  2. Die Bühnenbildnerin stellt Recherchen im Text und zum Text an (Primär- und Sekundärliteratur);
  3. Nun versucht der Bühnenbildner eine visuelle Übersicht gewinnen und sammelt erste Skizzen und Assoziationen;
  4. Recherchen zu kostümspezifischem Text- und Bildmaterial folgen;
  5. Dann fertigt die Bühnenbildnerin einen konkreten Kostümentwurf in Bezug auf die Szenen und die jeweilige Figur;
  6. Durch den Bau eines verkleinerten Modells überprüfen Bühnenbild und Kostüm die Gesamtwirkung;
  7. Die Kostüme werden daraufhin in der Bauprobe in Bezug auf das Bühnenbild überprüft;
  8. Anschließend kommt es zum Drapieren auf der Schneiderpuppe, um Schnittlinien festzulegen: Wie fällt der Stoff? Wie wirken Farbe, Silhouette und Oberfläche?
  9. Der künstlerische Entwurf der Kostümbildnerin wird als Figurine an die Kostümwerkstätten des Theaters weitergegeben;
  10. In den Kostümwerkstätten beginnt mit der Ausmusterung die Arbeit am Entwurf mit der Beschaffung und Prüfung der zu verwenden Stoffe;
  11. Die Kostümleitung prüft, ob der Entwurf ausgeführt werden kann und legt das weitere Vorgehen fest;
  12. Der Gewandmeister überträgt die Figurine auf die menschliche Figur, wobei oft ein Prototyp im Nesselschnitt angefertigt wird;
  13. In mehreren Kostümanproben mit dem Gewandmeister und dem Darsteller wird das Kostüm angepasst;
  14. Das Kostüm kommt nun in die Schneiderei: Getrennt nach Geschlecht werden in der Herren- und Damenschneiderei die Kostüme gefertigt; wo nötig, kommen Körperverformungen (Wattons), Mieder, Reifröcke und diverse Applikationen hinzu;
  15. Je nach Kostümkonzeption werden im Spritzraum die Kostüme bemalt und mit Gebrauchs- oder Altersspuren versehen;
  16. Vor der Leseprobe führt die Kostümbildnerin die Kostümkonzeption dem Produktionsteam vor;
  17. Für die Proben werden eigens Probenkostüme beschafft oder hergestellt;
  18. Im Verlauf der Proben, sobald die Szenen stehen, werden Kostümlisten erstellt, die der Koordination mit Requisite, Garderobe und Maske dienen;
  19. Das Originalkostüm und die Originalmaske kommen erst in der Haupt- oder Generalprobe zum Einsatz.

Übungen zum Thema Kostüm

  • Umdefinieren: Die Schauspielenden erhalten ein Tuch und müssen damit in einer Standbildfolge verschiedene Figuren verkörpern.
  • Kostümbildnerei: Die Schauspielenden entwerfen für ihre Figur ein Kostüm.
  • Flexibilität: Die Schauspielenden ziehen ihr Kostüm völlig anders als geplant.
  • An- und Ausziehen: Die Schauspielenden ziehen ein Kleidungsstück in verschiedenen Variationen an- oder aus.
  • Zuweisung: Die Schauspielenden erhalten eine bestimmte Anzahl Kostümteile und improvisieren dazu eine Szene.
  • Striptease: Die Schauspielenden legen so viel ab, wie es ihr Schamgefühl gerade noch erlaubt. (Nicht mit Kinder- und Jugendlichen einsetzen!)

Bibliographie

  • Gerkan, Florence von; Gronemeyer, Nicole (Hgg.): Kostümbild. Berlin: Verlag Theater der Zeit, 2016
  • Merten-Eicher, Riccarda: Kostümbildner in Film, Fernsehen und Theater: Voraussetzungen und Tätigkeitsfelder. Leipzig: Henschel, 2012
  • Merten-Eicher, Riccarda: Kostümbild, Kostümdesign: Die Magie der Verwandlung. Marburg: Schüren, 2016 (Neuausg.)
  • Beaufays, Annette: Glamour: costumes, Kostüme, costumes. Baden: Ed. Lammerhuber, 2013
  • Loschek, Ingrid: Reclams Mode- und Kostümlexikon. Stuttgart: Reclam, 2011
  • Feyerabend, F. Volker: Formen und Stile der Mode: Vorlagen für Modedesign & zweisprachiges Nachschlagewerk (Deutsch / Englisch). München: Stiebner, 2017