Simone Gertz: Aus Winnenden nach Leipzig

Biographie

Simone Gertz ist 1973 in Winnenden geboren. Schon früh erkennt sie ihre literarische Begabung und gewinnt 1989 den Preis des Treffens Junger Autoren und wird 1991 zusammen mit Christine Merkle beim Treffen Junger Liedermacher ausgezeichnet. 1992 ist sie erneut Preisträgerin beim Treffen Junger Autoren. 1993 macht sie am Lessing-Gymnasium ihr Abitur und nimmt ein Studium der Germanistik und Geschichte in Jena auf, das sie 1996 abbricht, um ihr Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig aufnehmen zu können, das sie 1991 abschließt. 1999, noch während des Studiums, erscheint ihr Debütroman „Thirsty Dog“. Mit dem Text „Er Sie Kühlschrankfieber“ gewinnt sie 2002 den 7. MDR Literaturpreis. In verschiedenen Anthologien und Zeitschriften erscheinen weiterhin Texte, etwa in der „merian“ oder im „Wespennest“. 2008 erscheint eine Kurzgeschichte von Simone Gertz in „Beim Verlassen des Untergrunds“. In diese Phase fällt ihre berufliche Neuorientierung – Simone Gertz besteht 2016 ihre Prüfung zur Köchin.

Bezug zu Winnenden

Simone Gertz ist in Winnenden aufgewachsen und zur Schule gegangen. Bei der „Winnender Zeitung“ sammelt sie als Ferienreporterin Erfahrungen im journalistischen Schreiben. In der Bildhauerklasse von Michael Schützenberger entwickelt sie zudem ihre künstlerischen Fähigkeiten. Zu Besuchen ist sie immer wieder vor Ort, hat ihren Lebensmittelpunkt aber in Leipzig. 

Thirsty Dog

„Thirsty Dog“ wird eröffnet mit einem Zitat aus „The Mercy Seat“ von Nick Cave, das einen Ausblick auf zentrale Themen des Romans gibt. Auch der Titel des Romans ist ein Zitat – hier verweist Gertz auf einen Songtitel von Nick Cave. 

Zur äußeren Handlung: Der Protagonist Squid („Tintenfisch“) lebt in einem Wohnblock, dessen urbane Umgebung geographisch nicht festgelegt ist. Als personaler Erzähler ist Squid die Perspektivfigur, aus deren Sicht wir die Unterwelt der namenlosen Großstadt erleben. Squid, eingeführt als klassischer Antiheld, lädt seine Nachbarin Alice zum Essen ein. Bei einem seiner Stadtgänge liest er außerdem die „Junkiefrau“ Lucy auf und lässt sie ärztlich versorgen, um die Heroinsüchtige dann bei sich unterzubringen. Wenig später wird er von Kriminellen entführt, die ihn jedoch wieder laufenlassen. Alice und Lucy begegnen sich, Squid gibt Lucy zunächst als seine Schwester aus. Groteske Szenen schließen sich an: Ein Sack soll zum Gewand für Alice geschneidert werden, ein Aquarium wird mit Gelatine aufgefüllt, Squid begegnet einem Alien-Gläubigen. Mit Alice fährt Squid ins Umland, sie holt sich einen Sonnenbrand, muss verarztet werden. Nach der Rückkehr hat Alice einen anderen: Squid beobachtet das Geschehen in Alices Zimmer vom Dach aus. Erneut treibt Squid durch die Großstadt, ehe er zuletzt in einer Bar landet und mit zwei Frauen intim wird. Als er zuletzt mit einem Aschenbecher einen weiteren Mann erschlägt ist seine Festnahme absehbar.

Der personale Erzähler bleibt in Squids unmittelbarer Nähe, erlebt dessen körperliche Sensationen genauso mit wie die psychischen Grenzüberschreitungen. Stilistisch erinnert der Roman an den herben Beat eines Charles Bukowski, die Bildwelten lassen an Irvings „Trainspotting“ denken. Immer wieder verwendet der vielschichtige Roman harte Schnitte und verweist auf Musik, die den Text im Hintergrund begleitet: unter anderem von Elvis Presley, Ray Davis („Apeman“), Tom Waits und Roy Orbison.

Werke

Roman

  • Gertz, Simone: Thirsty dog - die Tage der Demut. Wien: Libro-Verlag 1999

Kürzere Prosatexte

  • Gertz, Simone: CrimeFiction, in: Wespennest Nr. 113; 1999:
  • Pohlmann, Tom und Steffen Birnbaum (Hgg.): Beim Verlassen des Untergrunds. Dramaturgien und Ironisierungen zum gelungenen, zwanzig Jahre dauernden Aufstand. 2008 (von Simone Gertz: Waffenstillstand - Sinuskurve, lallt Fauser. Zickezacke, brüllst du! - Bilanz - Brainfucking 1069 - Sick City Blues - Die Arbeitsscheuen)
  • Brinkmann, Martin (Hg.).: 20 unter 30 [Anthologie]. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt., 2002 (von Simone Gertz: Briefe voll Sand, Kurzgeschichte)