Stilistik: Gute Sätze bauen

Kurze und elegante Sätze zieren jeden Aufsatz. Schwer tut sich dagegen, wer verschachtelte Sätze schreibt, viel zu lange und überfrachtete. Dann leidet oft auch der Inhalt, der Leser verliert den Überblick. Dabei kommt es nicht auf die Zahl der Kommas an oder die Anzahl der Wörter. Es geht darum, wie die Sätze gebaut sind. Auch lange Sätze lassen sich gliedern, so, dass sie jeder versteht. Vermeiden sollte man nur den Asthmastil.  Der Begriff Asthmastil bedeutet, dass ein kurzer Satz den nächsten hetzt, als ob der Leser ständig Verschnaufpausen bräuchte. Der Begriff stammt übrigens von Ludwig Reiners, dem Stilpapst der Fünfziger.

Ellipsen vermeiden

Ellipsen sind unvollständige Sätze. In Aufsätzen und den meisten anderen Sachtexten sind sie unerwünscht.

  • BEISPIEL: Der Autor widerruft seine Aussage. Dass die Gesellschaft sich ändere.
  • BESSER: Der Autor widerruft seine Aussage, dass die Gesellschaft sich ändere.

Sinnwörter nach vorne rücken

Das sinntragende Wort gehört an den Anfang des Satzes! Wörter, auf die es ankommt, sollten weit vorne im Satz erscheinen.

  • BEISPIEL: Hesse hat dieses Gedicht nicht verfasst, er hat es jedoch herausgegeben.
  • BESSER: Verfasst hat Hesse dieses Gedicht nicht, er hat es jedoch herausgegeben.
  • NOCH BESSER: Hesse hat das Gedicht herausgegeben. Verfasst hat er es jedoch nicht.

Satzgefüge ordnen oder zerteilen

Lange Satzgefüge (Hypotaxen) sollte man zerlegen, und zwar in kurze Hauptsätze! Ein Nebensatz pro Hauptsatz genügt! Sätze sollten etwa 15 bis 20 Wörter umfassen.

  • BEISPIEL: In seinen „Römischen Elegien“ beschwört Goethe, der sich selbst, als er den Gedichtzyklus verfasste, gerade in Rom aufhielt, wo er auch auf den Maler Tischbein traf, den Geist der Antike.
  • BESSER: Goethe beschwört in den „Römischen Elegien“ den Geist der Antike. Als er den Gedichtzyklus schrieb, hielt er sich gerade selbst in Rom auf. Dort traf er auch den Maler Tischbein.

Trennbare Verben zusammenführen, Satzklammern entlasten

Trennbare Verben sollte man zusammenführen oder ersetzen! So entlastet man Satzklammern. Dazu kann man: a) das trennbare Verb durch ein untrennbares Verb ersetzen, b) alle Umstandsbestimmungen herausstreichen und nachstellen mit „nämlich“ oder „und zwar“, c) eingeschobene Nebensätze in Hauptsätze überführen.

  • BEISPIEL: Die Schüler suchten den sich immerhin über mehrere Seiten erstreckenden Text nach einer bestimmten Formulierung ab.
  • BESSER: Die Schüler durchkämmten den Text nach einer geeigneten Formulierung. Er war immerhin mehrere Seiten lang.

Doppelpunkte schaffen Spannung

Mit Doppelpunkten kann man Spannung schaffen.

  • BEISPIEL: Goethe lehnte die die Romantiker allerdings ab.
  • BESSER: Einer lehnte die Romantiker allerdings ab: Goethe.

Doppelpunkte ersetzen Nebenätze

Doppelpunkte machen manche Nebensätze überflüssig. Vorsicht: Dieses Mittel sollte man nicht zu oft einsetzen!

  • BEISPIEL: E. T. A. Hoffmanns Texte schildern oft rauschhafte Erlebnisse, weil er selbst Alkoholiker war.
  • BESSER: E. T. A. Hoffmanns Texte schildern oft rauschhafte Erlebnisse: Er war selbst Alkoholiker.

Direkte Fragen stellen

Indirekte Fragen kann man auch direkt formulieren. Das wirkt oft lebendiger, gewinnt die Aufmerksamkeit des Lesers.

  • BEISPIEL: Es ist fraglich, ob der Autor sein Anliegen durchsetzen kann.
  • BESSER: Kann der Autor sein Anliegen durchsetzen? Das ist fraglich.

Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze

Hauptsachen gehören in Hauptsätze! Nebensachen gehören in Nebensätze!

  • BEISPIEL: Es scheint so ganz so, als ob der Lehrer selbst kein Deutsch kann.
  • BESSER: Der Lehrer kann anscheinend selbst kein Deutsch.

Das Vorfeld entlasten

Das Vorfeld des Satzes sollte man entlasten. Der Leser ärgert sich, wenn er erst am Ende des Satzes erfährt, worum es eigentlich geht.

  • BEISPIEL: Nach der eingehenden Analyse des Fallbeispiels wendet sich der Autor an den Leser.
  • BESSER: Der Autor analysiert zuerst ein Fallbeispiel, dann wendet er sich an den Leser.

Eindeutige Satzbeziehungen herstellen

Bei den Pronomen muss klar sein, worauf sie sich beziehen. Das gilt besonders für Personalpronomen der dritten Person, für Relativpronomen und Demonstrativpronomen. Demonstrativpronomen sind: dieser, diese, jene, jenes; Relativpronomen sind: der, die das, welche, welcher, welches; die Personalpronomen sind: er, sie, es. Klarheit schaffen kann man, indem man den Satzteil wiederholt, auf den das Pronomen verweist.

  • BEISPIEL: Faust schließt mit Mephisto einen Pakt, in Abwesenheit Wagners, derihn zu bestimmten Handlungen verpflichtet.
  • BESSER: Während Wagner abwesend ist, schließt Faust mit Mephisto einen Pakt. Dieser Pakt verpflichtet Mephisto zu bestimmten Handlungen.

Verneinungen zum Verb stellen

Will man etwas verneinen, sollte man die Verneinung beim Verb lassen. Je eher der Leser weiß, dass etwas verneint wird, desto besser.

  • BEISPIEL: Gretchen bemerkt, was Faust vorhat, zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
  • BESSER: Zu diesem Zeitpunkt bemerkt Gretchen noch nicht, was Faust vorhat.

Doppelte Verneinungen vermeiden

Doppelte Verneinungen sollte man vermeiden. Oft findet man eine positive Formulierung.

  • BEISPIEL: Harry Haller kann nicht leugnen, dass ihn Maria fasziniert.
  • BESSER: Harry Haller muss zugeben, dass ihn Maria fasziniert.

Klammern und Parenthesen weglassen

Auf Klammern (wie diese) und Parenthesen – das sind solche Einschübe zwischen Spiegelstrichen – sollte man verzichten.

  • BEISPIEL: Hesse – schon damals recht bekannt – kritisiert den NS-Staat.
  • BESSER: Hesse ist schon damals recht bekannt und kritisiert den NS-Staat.

Attribute und Partizipien umwandeln

Auf überlange Attribute sollte man ebenfalls verzichten. Partizipien lassen sich oft Teilsätze umwandeln.

  • BEISPIEL: Der in der Kristallflasche gefangene und fasterstickende Student Anselmus leidet Todesängste.
  • BESSER: Der Student Anselmus ist gefangen in der Kristallflasche, erstickt fast und leidet Todesängste.

Gleichartige Nebensätze vermeiden

Gleichartige Nebensätze oder Satzkonstruktionen sollte man vermeiden.

  • BEISPIEL: Mephisto verspricht Faust, alles zu versuchen, um ihm Gretchens Tür zu öffnen.
  • BESSER: Mephisto verspricht Faust, er werde alles versuchen und ihm Gretchens Tür öffnen.

Dass-Sätze umformulieren

Dass-Sätze sind oft etwas sperrig. Stattdessen sollte man zwei Sätze bilden oder den Satz anders anzuschließen.

  • BEISPIEL: Der Archivarius betont, dass Anselmus keinen Fehler machen dürfe.
  • BESSER: Der Archivarius betont, Anselmus dürfe keinen Fehler machen.