Joseph Gauger: Aus dem Glauben zum Widerstand

Biographie

Joseph Gauger kommt am 2.4.1866 in Winnenden zur Welt, als eines von zehn Geschwistern in einem vom schwäbischen Pietismus geprägten Umfeld. Schon der Vater stand der Hahnschen Gemeinschaft nahe. Joseph Gaugers Schwester Maria wird später die Ehefrau des Direktors Heinrich Ziegler in Wilhelmsdorf, dem Gauger einen großen Nachruf widmet, sein Bruder Samuel wird Dekan in Ludwigsburg. Joseph Gaugers Vater ist Johann Martin Gauger (5.2. 1816-3.9.1873), Lehrer am Erziehungsheim der Paulinenpflege. Seine Mutter ist Pauline Christine Gauger, eine geborene Schmid. Sie stirbt 1897, ein Jahr, bevor Gauger seine Frau Emeline Gesenberg heiratet. Acht Kinder wird er mit ihr haben.

Gauger besucht das Karls-Gymnasium Stuttgart, das er mit dem Abitur verlässt. 1886 legt er die Prüfung zum Volksschullehrer am Lehrerseminar Esslingen ab und wird Lehrer in Dürnau bei Bad Boll. 1889 bis 1893 studiert er zunächst Jura, dann evangelische Theologie in Tübingen, wo er Mitglied der Studentenverbindung Luginsland wird. 1893 wird Gauger Vikar in Mägerkingen und Großheppach und unternimmt eine wissenschaftliche Reise in das Ruhrgebiet und nach Schweden. Nach seiner Rückkehr wird er 1989 Stadtpfarrverweser in Giengen an der Brenz, ehe er 1898 als Zweiter Inspektor der „Evangelischen Gesellschaft“ in Elberfeld am Niederrhein bestellt wird, wo er für die „Schriftenmission“ zuständig ist.

1905 begründet Gauger Andachtsbuchs „Licht und Kraft“, das seither im Aue-Verlag erscheint. In den Jahren 1906 bis 1938 wirkt Gauger zudem als Herausgeber der Wochenschrift „Licht und Leben“. 1907 wird Gauger Direktor der „Evangelischen Gesellschaft“ in Elberfeld. 1911 wird er Mitglied des Vorstandes des Gnadauer Verbandes und 1921 Vorsitzender des Evangelischen Sängerbundes. Zugleich ist er Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. Mit dem Monatsblatt „Gotthardbriefe“ erreicht er seit 1922 mehrere tausend Leserinnen und Leser. 1928 bereist er den Orient, besucht Ägypten und Palästina. Gauger ist auch musikalisch begabt. 1930 veröffentlicht er als christliche Liedsammlung den „Evangelischen Psalter“. Die Repressionen der Nationalsozialisten nehmen zu. Der ebenso streitbare wie konservative Theologe bekämpft in seinen Magazinen sowohl den Liberalismus als auch die „Deutsche Kirche“. Bereits 1930 gründet er die „Freie Evangelischen Wahlvereinigung“ und zieht bei der Kommunalwahl in Wuppertal mit 13.000 Stimmen ins Stadtparlament ein. 1932 stellt er sich offen gegen die nationalsozialistische Rassenlehre und tritt für die „Bekennende Kirche“ ein.

1934 wird er wegen seiner öffentlichen Ablehnung der Vereinigung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten inhaftiert und aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen, „Licht und Leben“ wird befristet verboten. 1938 wird die Zeitschrift nach jahrelangen Schikanen aus politischen Gründen schließlich ganz eingestellt. Am 1. Februar 1939 stirbt Gauger in Elberfeld.

Bezug zu Winnenden

Zumindest seine Kindheit hat Gauger in Winnenden und im Umfeld der Paulinenpflege verbracht. Sein Vater engagierte sich für die Verteilung von Missionsschrifttum und organisierte die jährlichen Fahrten zum Jahresfest der Brüdergemeine in Korntal.

Bibliographie

Werke

  • Gauger, Joseph: Vom Abendland ins Morgenland: Ein Reisebericht [3 Bde: 1: Blicke nach Italien und Ägypten; 2: Blicke ins heilige Land; 3: Blicke in die heilige Stadt]. Elberfeld : Licht-und-Leben-Verl., 1928-1929
  • Gauger, Joseph: Direktor Ziegler: Ein Erzieher von Gottes Gnaden: Ein Lebensbild, nach den Quellen dargestellt. Wilhelmsdorf in Württemberg: Verlag der Ziegler’schen Anstalt, 1910
  • Gauger, Joseph: Zum Erscheinungsfest 1940. Stuttgart, 1940 (Predigt)

Als Bearbeiter und Herausgeber

  • Gauger, Joseph (Bearb.): Ziegler, Johannes Wilhelmsdorf: Ein Königskind; die Geschichte der Brüdergemeinde Wilhelmsdorf. Wilhelmsdorf in Württemberg: Verlag der Ziegler’schen Anstalt, 1924
  • Gauger, Joseph (Hg.): Licht und Kraft (Andachtsbuch), 1905-1938
  • Gauger, Joseph (Hg.): Licht und Leben, seit 1906 gemeinsam hg. mit Dr. Wilhelm Busch, seit 1910 allein
  • Gauger, Joseph (Hg.): Gotthardbriefe, 1923-1936
  • Gauger, Joseph (Hg.): Im Dienst des Kinderfreundes (Handreichung für Sonntagsschule und Kindergottesdienst)
  • Gauger, Joseph (Hg.): Evangelischer Psalter (Gemeinschaftsliederbuch), 1914, 8.Aufl. 1930.

Zu Joseph Gauger

  • Spörri, Samuel (Hg.): Festgabe an Pfarrer Joseph Gauger: Zur Vollendung seines 70. Lebensjahres. Elberfeld: Buchhandlung der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland, 1936
  • Gauger, Siegfried; Gauger, Joachim: Joseph Gauger: Sein Leben und sein Werk; mit einem Anhang von Sentenzen und Aufsätzen. Kassel: Oncken, 1950
  • Gauger, Thomas / Aue-Verlag, Möckmühl: Licht und Kraft / Losungskalender. Zur Geschichte des Andachtsbuchs „Licht und Kraft“ und des Aue-Verlags, unter: https://www.aue-verlag.de/mobil/luk.php?dev=2&ac=3&txt=LK1
  • Halaski, Karl, Gauger, Joseph. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 97 f. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116467150.html#ndbcontent (abgerufen: 30.05.2021)
  • Lächele, Rainer: Gauger, Joseph. In: Württembergische Kirchengeschichte Online, 2021
    https://www.wkgo.de/cms/article/index/gauger-joseph (Permalink) (abgerufen: 30.05.2021)
  • Bautz, Friedrich Wilhelm: Gauger. In: BBKL 2, 1990, 186-187; NDB 6, 97f
  • Diverse Nachrufe auf J. Gauger in einer Sammelhandschrift in der Württ. Landesbibliothek Stuttgart (Sign.: AH 505).