Stephan Fridolin: Ein Winnender Franziskaner

Wer war Stephan Fridolin?

Der Franziskanerprediger Stephan Fridolin kam wohl um 1430 in Winnenden zur Welt und starb am 17.8.1498 in Nürnberg. In Winnenden selbst gibt es jedoch keine konkreten Hinweise auf Abstammung und Geburt. 1475 ist Fridolin als Konventsprediger in Bamberg belegt, 1477/78 war in Mainz tätig, bevor er in Ordensangelegenheiten eine Romreise unternahm, bei der ihn Seeräuber nach Korsika verschleppt haben sollen. 1480 ist Fridolin in Nürnberg nachgewiesen, wo er bis zu seinem Tod als Prediger bei den Klarissen wirkt, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung in Basel in den Jahren 1487/89. Seine Werke sind größtenteils anonym überliefert. Außer seiner Arbeit über antike Kaisermünzen, auf Anregung des Nürnberger Humanisten Hans Tuchers verfasst, widmet er seine Schriften der religiösen Unterweisung und geistlichen Führung der Klarissen. Bekannt ist sein Schatzbehalter, eine Lebens- und Leidensgeschichte Jesu, auch wegen der 96 Holzschnitte des Nürnberger Malers und Druckers Michael Wohlgemut. Seine deutschen Predigten wurden teilweise von Caritas Pirkheimer nachgeschrieben, der Äbtissin des Klarissenklosters und Schwester des Humanisten Willibald Pirkheimer. Sie erklären vor allem die Hymnen und Psalmen des Stundengebetes der Nonnen und wurden in Form von Abschriften an andere Klöster ausgeliehen.

Werke

Stephan Fridolins Bedeutung begründet vor allem Der Schatzbehalter oder Schrein der wahren Reichtuemer des Heils und der ewigen Seligkeit, der 1491 in Nürnberg bei Anton Koberger gedruckt wurde. Das reich illustrierte Werk bezeichnet Paul Joachimsohn als das „wichtigste Denkmal vorreformatorischer Bücherillustration in Nürnberg“ neben der Schedel’schen Weltchronik (Joachimsohn, S. 12). Als Autor ist Fridolin durch einen Vermerk in einem Inkunabeldruck der Münchner Staatsbibliothek nachgewiesen (Inc. c. a. 2609 2°). Der Schatzbehalter ist ein spätmittelalterliches Erbauungsbuch, in das Fridolin seine umfassende humanistische Bildung einfließen lässt. Insbesondere mit römischer Geschichte kennt er sich aus, wie auch Fridolins Arbeit Von den Kaiserangesichten zeigt. Darin behandelt er eine Münzsammlung, die Stephan Fridolin als Lesemeister der Minoriten von Mainzer Kartäusern erhalten und dem Rat von Nürnberg geschenkt hatte. Die abgebildeten Herrscher und Herrscherinnen unterwirft er einem strengen Urteil, Vitellius bezeichnet er gar als „trunckenpolt“. Ein Erbauungsbuch ist Fridolins drittes bekanntes Werk, Der gaystliche Mayen, der den Leser durch eine blühende Mailandschaft führt und ihm die Größe der Schöpfung verdeutlicht. In Sammelhandschriften, etwa in in Berlin, München und Nürnberg, sind einzelne Predigten überliefert.

Abb.: Die linke Hand aus dem Vorwort des Schatzbehalters: Michael Wohlgemuts Bild ist eine mnemotechnische Hilfe zum Auffinden der jeweiligen Textstellen.

Bezug zu Winnenden

Leider haben wir vor Ort keine Belege dafür, dass Stephan Fridolin Winnender war - in zwei Handschriften wird der Franziskanerpater jedoch als Winnender gekennzeichnet (Seegets 2001, S. 26):

  • Mgf 1040, 1, 1ra, Z. 7f: stephan fridelinuß von winende(n)
  • Cent IV, 90, 1r, Z. 2f: Steffan Fridolini von Wynnenden

Über Niederlassungen der Franziskaner in Winnenden in Mittelalter und Früher Neuzeit ist nichts bekannt. Erst in der Gegenwart entsteht eine Ordensniederlassung: Der 2020 wieder aufgelöste Kleinkonvent der Fanziskanerinnen in Schwäbisch Gmünd hat freilich mit Fridolin nichts zu tun.

Quellen

Forschung

  • Joachimsohn, Paul: Hans Tuchers Buch von den Kaiserangesichten. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Nürnberg 1895, S. 1 ff.
  • Paulus, N.: Der Franziskaner Stephan Fridolin. In: Historisch-politische Blätter, Bd. 113, S. 465-483
  • Seegets, Petra: Passionstheologie und Passionsfrömmigkeit im ausgehenden Mittelalter. Der Nürnberger Franziskaner Stephan Fridolin (1498) zwischen Kloster und Stadt. Tübingen: Mohr Siebeck, 1998 (Spätmittelalter und Reformation, N. R., 10)
  • Seegets, Petra: Lehre für angefochtene und kleinmütige Menschen: Cgm 4439 Bayerische Staatsbibliothek München), Fridolin, Stephan. - In: Spätmittelalterliche Frömmigkeit zwischen Ideal und Praxis. Tübingen: Mohr Siebeck. - 2001, S. 189-195
  • Bartl, Dominik: Der Schatzbehalter: Optionen der Bildrezeption. Heidelöberg: Univ. Diss., 2010

Ausgaben

  • Bartl, Dominik; Gepp-Labusiak, Miriam (Hg.) Der Mainzer Schatzbehalter: Ein koloriertes Andachtsbuch von 1491 [Teilw. Faks. der Ausg. Nürnberg : Koberger, 1491]. Darmstadt: WBG (Wiss. Buchges.), 2012
  • Schmid, Ulrich: Mittelalterliche deutsche Predigten des Franziskaners P. Stephan Fridolin, 1: Predigten über die Prim. In: Ders.: Mittelalterliche deutsche Predigten. München: Lentner, 1913 (Veröffentlichungen aus dem Kirchenhistorischen Seminar München; 4,1)

Handschriften und Drucke

  • Fridolin, Stephan; Silvester, von Rebdorf: Theologische Sammelhandschrift, WLB: Cod. theol. et. phil. oct. 11
  • Fridolin, Stephan: Gar ein sthone nuczliche leer, Eingeschlossen Gaystlichen personen, Genandt der gaystliche Mayen lieblich zelesen. Landshut: Affra Langenmentlin, 1533
  • Fridolin, Stephan: Hie hebt sich an der geistlich May: dariñ der Mensch gelernet wirdt, zu suechen die ding, die der Selen ewigen nutz vnd freüd bringen, vnd ist außgetailt in vier wochen. München: Andree Schobsser, 1549
  • Fridolin, Stephan: Der Geistlich May Vnnd Geistliche Hörpst: Außgelegt auff das außwendig vnd inwendig bitter Leyden vnsers allerliebsten Herren vnd Seligmachers Iesv Christi. Zway alte, schöne, außerlößne Büchlein, den guothertzigen vnd andächtigen Christen zu guotem, mit sonderm fleiß widerumb ernewert, vnd in Truck verfertigt. Dilingen: Mayer, 1581