Erzählen nach einer Bildgeschichte

In Klassenstufe 5 werden oft Aufsätze zu Bildgeschichten geschrieben. Sie schränken zwar deine Phantasie etwas ein, stellen dich aber trotzdem für gewisse Herausforderungen.

Was ist schwierig am Schreiben einer Bildgeschichte?

  • Manchmal ist es nicht leicht, die einzelnen Bilder zu deuten: Was geschieht da eigentlich? Du darfst jedenfalls nichts dazuerfinden, was das Bild verändern würde.
  • Es ist nicht alles wichtig, was du auf den Bildern siehst. Was aber wichtig ist, kann man oft nur mit Mühe entscheiden.
  • Einzelbilder musst du außerdem sinnvoll verbinden. Dazu solltest du verstehen, wie die Bilder zusammenhängen.
  • Dabei wirst auch Lücken in der Handlung mit eigenen Erfindungen auffüllen. Dabei darfst du nicht allzusehr ausschweifen.
  • Auf den Bildern sind stillstehende Figuren zu sehen. Es kann schwierig sein, deiner Erzählung Bewegung mitzugeben!
  • Bei einer Bildbeschreibung verwendest du das Präsens (die Bericht-Zeit: Er geht, sie sagt). In einer Bilderzählung wirst du dagegen meist das Präteritum verwenden (die Erzähl-Zeit: Er ging, sie sagte). Vorsicht bei den starken und unregelmäßigen Verben (nicht *schwimmte, sondern: schwamm).

Beispiel 1: E. O. Plauen – Das Klavier

Die Bildgeschichten von E. O. Plauen (Erich Ohser) gehören auch nach hundert Jahren zu den beliebten Vorlagen für Bildererzählungen – kein Wunder, sind sie doch oft sehr witzig und phantasievoll. Nehmen wir einmal an, du musst diese Bildgeschichte in eine Erzählung umwandeln.

Dein Vorgehen

Wenn du die Bilder als Vorlage für eine gute Geschichte nutzen möchtest, gehst du am besten so vor:

  1. Schaue dir zunächst alle Bilder an. Achte darauf, wie sich die Handlung schrittweise entwickelt.
  2. Achte besonders auf das letzte Bild – oft wird erst hier klar, worauf die Geschichte zielt!
  3. Verdeutliche dir, welche Figur die Handlung besonders stark erlebt! Aus der Perspektive dieser Figur kannst du erzählen. Eine andere Möglichkeit wäre, die Geschichte aus der Erzählersicht zu entwickeln.
  4. Es ist sinnvoll, die Bilder selbst als Konzept zu verwenden. Schreibe deine Ideen am besten direkt auf dem Arbeitsblatt neben (oder in) die Bilder.
  5. Schreibe dir in Stichworten auf, was auf jedem Bild geschieht! Wer tut was, wo, wann, mit wem, womit? Notiere dir die wichtigsten Handlungsschritte!
  6. Ergänze auch, was sich zwischen den Bildern ereignet! Manchmal musst du dir Zwischenschritte überlegen, damit die Leser deine Erzählung nachvollziehen können. Wenn der Wegweiser (Bild 1) noch im Wasser liegt, muss er wohl herausgezogen werden, damit man darauf sitzen kann (Bild 2).
  7. Überlege dir: Gibt es auf den einzelnen Bildern Dinge, die du beschreiben kannst? Oft können sich deine Leser besser in die Handlung hineinversetzen, wenn du Orte und Personen anschaulich beschreibst! Vielleicht kannst du dir schon möglichst treffende Adjektive notieren!
  8. Gibt es Szenen, wo sich ein Gespräch entwickelt? Hier kannst du beweisen, dass du gute Dialoge schreiben kannst. Wichtig ist, dass du das Verb „sagen“ durch treffendere Verben ersetzt (er sagte > er raunte, fauchte, wisperte). Achte auch auf die Zeichensetzung in der direkten Rede!
  9. Überlege dir einen guten Einstieg, der die Leser nicht zu lange mit einer Vorgeschichte aufhält. Besser ist es, direkt in die Handlung zu springen! Manchmal kannst du die Vorgeschichte in einem Satz nachreichen: „Land in Sicht!“ Zwei Stunden waren wir nach dem Untergang unseres Segelboots geschwommen, ehe wir endlich wir wieder festen Boden unter den Füßen spürten.
  10. Überlege dir, wie du die Geschichte beenden kannst, dass deine Leser noch lange daran denken! Vielleicht so: Wir spielten einen schnellen Walzer. Und wer weiß, vielleicht haben die Möwen dazu getanzt.
  11. Bei der Reinschrift lässt du dich von deinen Notizen leiten. So kannst du deine Erzählung schlüssig entwickeln. Jetzt musst du gut leserlich schreiben. Für eine schwer lesbare Schrift können Lehrkräfte etwas abziehen. Vergiss nicht, alle Seiten zu nummerieren und mit deinem Namen zu versehen.
  12. Ganz zuletzt solltest du dir deine Erzählung zur Korrektur noch einmal durchlesen. Unpassende Formulierungen kannst du nun ändern, Rechtschreib- und Grammatikfehler verbessern.

Musterlösung

Eine mögliche Lösung für „Das Klavier“ könnte so aussehen:

Titel: Den Titel legst du erst am Ende fest. Er sollte zu deiner Bilderzählung passen, aber nicht zu viel verraten!

Walzer am Strand – oder: Das Klavier

Bild 1: Dein Einstieg muss den Ort und die Hauptfiguren vorstellen. Nehmen wir an, du hast dich hier für einen Ich-Erzähler entschieden. Beschreibe zunächst, wie du nach stundenlangem Schwimmen Boden unter den Füßen fühlst! Wie geht es dir jetzt? Wie sieht es auf der Insel aus?

„Land in Sicht!“ Zwei Stunden waren wir nach dem Untergang unseres Segelboots geschwommen, ehe wir endlich wir wieder festen Boden unter den Füßen spürten. Die Strapazen steckten uns noch in den Knochen, mit wackligen Knien wankten wir auf die Insel zu. Der Anblick war enttäuschend: spitze Felsen, Sand, sonst nichts.

Bild 2: Nun sitzt du mit Vater auf einem Wegweiser, den ihr aus dem Wasser gezogen habt. Erzähle, wie ausgehungert ihr seid. Ihr stellt euch wahre Leckereien vor.

Erschöpft ließen wir uns auf einem Wegweiser nieder, den wir aus dem Wasser gezogen hatten. Wind und Mittagssonne trockneten unsere Kleider. Man merkte Vater jedoch bald an, dass er Hunger hatte. Auch ich bekam nach all der Schwimmerei Kohldampf. Breitbeinig saßen wir da und träumten von allerlei Speisen – von Würsten und Brot, von Kaffee und Kuchen.

Bild 3: In wörtlicher Rede weist du Vater auf eine merkwürdige Kiste hin.

Plötzlich fiel mir ein merkwürdiger Kasten auf, den die letzte Flut auf den Strand geworfen hatte. „Schau mal, Vater!“, rief ich, „da liegt was!“ Vater sah erstaunt hin: „Was mag das sein?“

Bild 4: Es ist schwierig, so ganz ohne Werkzeug eine Kiste zu öffnen. Beschreibe, wie ihr es schafft!

Neugierig gingen wir hinüber. Aber wie soll man, so ganz ohne Werkzeug, eine tüchtig zugenagelte Kiste öffnen? Wir behalfen uns mit Strandgut. Zwei kräftige Stöcke mussten genügen. Ächzend hebelte Vater die Bretter auseinander, während ich die Kiste von oben bearbeitete.

Bild 5: Ein Klavier! Welche Überraschung! Beschreibe das Klavier.

Endlich gab die Umhüllung nach – und wir erblickten an diesem öden Ort ein Klavier! Ein wunderschönes Klavier aus Nussholz, mit Tasten aus Elfenbein und Ebenholz! Wer mochte es verloren haben und nun schmerzlich vermissen? Staunend standen Vater und ich davor.

Bild 6: Nun wird gespielt! Was spielt ihr? Was bewirkt die Melodie?

Aber allzu lange standen wir nicht da. Denn auch der einsamste und verlorenste Ort wird schön durch Musik. Also setzten wir uns in die Mittagssonne ans Klavier und schlugen froh auf die Tasten ein. Wir spielten einen munteren Walzer nach dem anderen, bis in den Abend hinein. Und wer weiß, ob die Möwen dazu getanzt haben?

Beispiel 2: E. O. Plauen – Die Wespe

Jetzt bist du dran! Einige Arbeitsschritte sind hier schon vorgegeben, damit du dich auf die Gestaltung deiner Geschichte konzentrieren kannst.

Bild 1: Eine leckere Wurst liegt vor dir. Plötzlich lässt sich eine Wespe darauf nieder. Beschreibe die Wespe! Du willst die Wespe erschlagen. Schildere, wie du das anstellst! Vater wendet nun sich in direkter Rede an dich. Was sagt er?

Bild 2: Vater steht auf und geht mit Wurst und Wespe zum Fenster. Beschreibe, wie er das tut! Du folgst ihm. Vater erläutert im Gehen, warum man Wespen schützen sollte. Schreibe auf, was er sagt! Achte auf seine Gesten!

Bild 3: Vater öffnet das Fenster und hält den Teller mit der Wurst zum Fenster hinaus. Woran merkt die Wespe, dass sie nun auffliegen kann? Beschreibe, wie die Wespe davonfliegt.

Bild 4: Plötzlich kehrt die Wespe zurück und – hier baust du Spannung auf – verpasst Vater einen Stich in die Glatze. Beschreibe, woran man seinen Ärger erkennt!

Bild 5: Nun sitzt die Wespe erneut auf der Wurst. Diesmal auf Vaters Wurst. Du empfiehlst ihm in direkter Rede, die Wespe nach draußen zu tragen.

Bild 6: Vater springt auf und holt aus, um die Wespe zu erschlagen. Überlege dir, ob er es wirklich tut! Finde ein angemessenes Ende!