Digitalisierung und Schule: Themen

Digitalisierung ist im Bildungswesen ein Thema, das polarisiert. Überzogene Kritik prallt zusammen mit kritikloser Befürwortung. Die folgende Themensammlung für Lehrende und Lernende soll dazu anregen, sich kritisch mit den Chancen und Risiken auseinanderzusetzen.

Autonomes Fahren

Zentrales Lernziel: Die Schüler können Grenzen und Chancen autonomer Mobilität benennen und kennen die ethischen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben.

  • Problem der Verantwortung beim autonomen Fahren
  • Sicherheitsaspekte beim autonomen Fahren
  • Datenschutz und Überwachung beim autonomen Fahren

Beziehung in der Digitalsphäre

Zentrales Lernziel: Die Schüler erkennen die Bedeutung digitaler Medien für die eigenen Beziehungen

  • Schüler, Eltern und Lehrer im Netz: Rollenklärung, Prinzipien des Umgangs
  • Umgang mit Einsamkeit und Freundschaft im Netz
  • Beziehungsgestaltung im Netz unter Liebenden: Online-Dating, Fernbeziehung, digitales Ghosting
  • Netiquette: Formen der Höflichkeit im Netz
  • Phänomene der Enthemmung im Netz
  • Kollektivismus und Konformitätsdruck im Netz
  • Erziehung und digitale Medien

Bildung und Erziehung

Zentrales Lernziel: Die Schüler erkennen, welche Bedeutung die Digitalisierung für Erziehung und Bildung hat.

  • Kindheit und Jugend im digitalen Zeitalter
  • Generationenverhältnisse: Digital Natives und Digital Immigrants
  • Medienerziehung in der Familie: Formen und Empfehlungen, Resilienzförderung
  • Medienbildung in der Schule und anderen Bildungseinrichtungen
  • Digitalisierung in der Schulverwaltung
  • Digitaler Unterricht: Präsenz- und Fernunterricht
  • Das Internet der Dinge (IoT) in der Schule: MakerSpaces und andere Experimentierfelder

Datenschutz

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Grenzen und Vorzüge von Datenschutzregeln. Sie reflektieren, welche Daten schützenswert sind, wer Daten erhebt und wozu, wann Daten preisgegeben werden können. Außerdem wissen die Schüler, welche Folgen ein Verlust persönlicher Daten haben kann.

  • Das Privacy Paradox: Datenökonomie als Hypertrophie – Umgang mit den eigenen Daten, mögliche Funktionseinschränkungen als notwendige Folgen einer datenschutzbewussten Lebensweise
  • Legitime und illegitime Datenerhebung durch Staaten und Unternehmen: Missbrauchsmöglichkeiten, auch im Kriegsfall oder in totalitären Systemen
  • Leaks und Hacking: Datenraub und öffentliche Preisgabe
  • Datenschutz in sozialen Netzwerken: Lesebestätigungen, Online-Zeiten
  • Nutzer-Tracking: Umgang mit Cookies und anderen Formen der Datengewinnung im Netz
  • Datenschutz und Social-Credit-Systeme
  • Datenschutz zur Sicherung der Freiheitsrechte
  • Datenschutzrichtlinien in Europa (DSGVO) und weltweit – zwischenstaatliche Datenschutz-Konflikte
  • Datenschutz als Hemmnis oder Antrieb für Entwicklungen

Fake News

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen Methoden, wie man Fake News aufdeckt und einordnet.

  • Fake News, Desinformation und Propaganda durch Fälschung in der Mediengeschichte (z. B. Protokolle der Weisen von Zion, Trumps Nutzung sozialer Medien – z. B. Pizzagate)
  • Merkmale von Fake News; Unterschiede zwischen intentionalen Fake News und (unabsichtlichen) Falschmeldungen
  • Meinungsbildung in der digitalen Welt: Standards der Pressearbeit im Netz: Gatekeeper-Funktion vs. „Alternativmedien“ (z. B. klagemauer.tv, Breitbart News, compact…)
  • Funktionsweise von Social Bots und Trollfabriken
  • Filterblasen, Echokammern und Algorithmen
  • Folgen der Digitalisierung für die klassischen Medien (z. B. Beschleunigungsdruck)

Gaming

Zentrales Lernziel: Die Schüler können verschiedene Genres von Spielen in digitalen Medien beschreiben und kennen verschiedene Bezahlmodelle und Kostenfallen beim Gaming. Sie können Risiken und Chancen des Gaming benennen (soziale Aspekte, Wissenserwerb durch Serious Games).

  • Formen und Funktionsweisen von digitalen Spielen
  • Killerspiel-Debatte: Gewaltdarstellungen in Spielen und ihre Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft der Spieler (Medienrezeptionspsychologie)
  • Kostenfallen und Mikrotransaktionen in Spielen
  • Lootboxes und andere Glücksspielelemente
  • Erscheinungsweisen, Ursachen, Verläufe und Folgen der Spielsucht
  • Identitätsfindung durch Spiele: Clans, Gilden und Cosplay
  • Free2Play-Prinzip und Play2Win-Prinzip
  • E-Sport: Disziplinen, Chancen und Risiken
  • Umgang mit anderen Spielern: Vom Flaming zum Ragequit
  • Gamification: Möglichkeiten von Spielen in Bildung und Erziehung
  • Organisationsformen der Gaming-Industrie: Lobbyismus, Interessenvertretung, Messen (Gamescom)
  • Zensur und Jugendschutz in Computerspielen
  • Ästhetik und künstlerischer Wert von Computerspielen: Museen und Ausstellungszentren (Computerspielmuseum Berlin, ZKM Karlsruhe)
  • Einsatz von Computerspielen zu politischen Zwecken (z. B. America’s Army)

Gesundheit und Digitalisierung

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Vor- und Nachteile der Digitalisierung für das Gesundheitswesen und ihre eigene Gesundheit.

  • Doktor Google: Selbstdiagnose und medizinische Expertise
  • Paramedizin im Netz
  • Digitale Gesundheitsförderung
  • Big Data im Gesundheitswesen – Fragen des Datenschutzes bei elektronischer Patientenakte (ePA), elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und E-Rezept
  • E-Health: Einsatz digitaler Verfahren in der Medizin (Prognostik, Therapie)
  • Folgen der Digitalisierung für den Bewegungsapparat, das Schlafverhalten und die psychische Gesundheit
  • Strahlung in digitalisierter Umgebung
  • Telemedizin: Fernsprechstunde und Telemonitoring
  • Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Identität und Persönlichkeit

Zentrales Lernziel: Die Schüler reflektieren die Bedeutung digitaler Medien für ihre Identität

  • Selbstdarstellung im Digitalen: Profile, Avatare und Zweitprofile
  • Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung im Netz
  • Störungen der Selbstwahrnehmung (Instagram-Body, Snapchat-Dysmorphie)
  • Die Bedeutung der Datenspuren und der digitalen Vergangenheit
  • Autonomie und Kontrollverlust: Zwänge im Netz
  • Selbstwertgefühl und Vergleich mit anderen

Künstliche Intelligenz

Zentrales Lernziel: Die Schüler können erläutern, was Künstliche Intelligenz (K.I.) ist und wozu sie eingesetzt wird. Sie können Chancen und Risiken beim Einsatz autonomer Maschinen benennen.

  • Unterschiede zwischen menschlicher Intelligenz und künstlicher Intelligenz
  • I. und Big Data: Formen und Funktionsweisen von künstlicher Intelligenz: Starke und schwache K.I.
  • Chatbots und ihr Einsatz im Servicebereich
  • Turing-Tests zur Überprüfung von K.I.: Grenzen beim Einsatz von K.I.
  • Künstliche Intelligenz in ihrer medialen Darstellung (HAL 9000 in 2001 Space Odyssey, Ava in Ex Machina, Maeve in Westworld, Bladerunner, Making Mr. Right, Zoe)
  • Autonome Maschinen und Deep Learning
  • Verhältnis Mensch und K.I.: Partnerschaft oder Master-Slave-Beziehung
  • Ethische Dimensionen beim Einsatz von K.I. (Wahrung von Grundrechten, Folgenabschätzung, Grenzen der Forschung, Autonomie der menschlichen Entscheidung, Transparenz hinsichtlich der Funktionsweise von K.I., Diskriminierung durch K.I.)

Nutzungsdauer und Nutzungsintensität

Zentrales Lernziel: Die Schüler können erkennen, wie sich das Leben im Digitalen auf das eigene Verhalten auswirkt.

  • Umgang mit der Erwartungshaltung, immer erreichbar zu sein
  • Folgen des Informationsdrucks (Überlastung, Fear of Missing Out)
  • Affordanz: Der Aufforderungscharakter digitaler Medien
  • Umgang mit Entscheidungen zur Teilnahme an sozialen Netzwerken

Ökologie und digitale Medien

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die ökologischen Chancen und Risiken der Digitalisierung.

  • Bedeutung der Digitalisierung für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz
  • Energiebedarf von Serverparks und anderen Elementen der digitalen Infastruktur (Klimafolgen)
  • Möglichkeiten des Energie- und Ressourcensparens durch Digitalisierung (vernetzte Städte, Smart Factorys)
  • Digitalisierung in Land- und Forstwirtschaft sowie im Weinbau
  • Einsatz von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) in der Ausbildung
  • Technik zum Schutz von Mensch und Umwelt vor industriellen Belastungen und Naturkatastrophen
  • Rohstoffgewinnung und Rohstoffhandel zur Produktion von digitalen Medien

Online und offline

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Nachteile von digitalen und analogen Medien. Sie können Möglichkeiten des Lebens im digitalen Raum reflektieren.

  • Augmented Reality: Techniken der Verknüpfung von Realität und Digitalsphäre
  • Aktivismus per Klick und Engagement auf der Straße
  • Freiheit vom Digitalen und Digital Detox
  • Öffentlichkeit im digitalisierten Raum
  • Umgang mit der (Lebens-)Zeit
  • Umgang mit Bedürfnissen

Online-Gewalt

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen Ursachen, Abläufe und Wirkung von Online-Gewalt (Cybermobbing, Hate Speech, Canceln).

  • Formen von Online-Gewalt (Doxxing, Sextortion…)
  • Ursachen und Folgen von Cyberbullying (z. B. im Fall Amanda Todd)
  • Hassrede (Hate Speech) als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und ihre Konsequenzen
  • Aggressives Framing zur Verschiebung des Overton-Fensters
  • Entwicklung und mögliche Folgen von Shitstorms (z. B. im Fall Justine Sacco)
  • Menschenwürde als äußerste Grenze der Meinungsfreiheit: Verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Meinung und fremden Ansichten
  • Mittel gegen Aggression im Netz: Empathie und Counter Speech

Online-Kriminalität

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen gängige Methoden von Online-Kriminellen (Scamming, Phishing, Identity Theft).

  • Betrug und Datendiebstahl im Netz (Hacking, Scamming, Phishing)
  • Identity Theft und Stalking im Netz
  • Extremismus im Netz
  • Sextortion und andere Formen der Erpressung im Netz
  • Cyber-Grooming
  • Illegaler Handel
  • Produktpiraterie und Fälschungen im Netz: Verstöße gegen Urheber- und Markenrecht
  • Pornographie im Netz
  • Cyberspionage und Cyberterrorismus

Online-Sucht

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen Faktoren, die zur Sucht führen (insbesondere beim Gaming und bei anderen Formen der Freizeitnutzung).

  • Formen der Abhängigkeit in der Digitalsphäre: Online-Sucht, Spielsucht, Mediensucht
  • Prävention und Therapie
  • Schadprogramme: Viren und Trojaner

Selbstvermessung und Selbstoptimierung

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Vorteile und Nachteile der digitalen Selbstvermessung.

  • Lifelogging und Selftracking (z. B. in der Quantified-Self-Bewegung)
  • Einsatz von Wearables und des Smartphones zur Selbstvermessung
  • Neuro-Enhancement mit pharmakologischen und technischen Mitteln
  • Selbstoptimierung und Lebensglück in den sozialen Medien
  • Selftracking als Selbstermächtigung
  • Scoring-Systeme, Selftracking und Versicherungen
  • Messbarkeit und nichtmessbare Aspekte unserer Identität

Privatheit in der Digitalsphäre

Zentrales Lernziel: Die Lernenden verstehen, was Privatsphäre ist, wozu wir sie brauchen und wie man sie schützt.

  • Privatheit im öffentlichen Raum (Gesichtserkennung, Fingerprinting, Flugdaten, Bewegungsprofile, Handyortung, Kreditkarten, Payback-Systeme)
  • Privatheit im persönlichen Umfeld (Fitnessarmbänder und Tracking Apps, Schlaf-Apps, Smart Clothing, Smart Homes, Smart Toys, Sprachassistenten)
  • Wirtschaftliche Verwertung personen- und aktivitätsbezogener Daten (Datifizierung, Data Mining, Microtargetting, Dark Ads).
  • Problem der digitalen Doubles und ihrer Monetarisierung
  • Rechtliche Aspekte der Privatheit (Grundgesetz, Resolution 217 A der Vereinten Nationen).
  • Politische Probleme durch Manipulation, Normativierung und Chilling Effect.

Robotik

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Einsatzgebiete von Robotern und die ethischen Folgen im Umgang mit Robotern.

  • Moralisches Handeln bei Robotern (Asimovs Gesetze der Robotik)
  • Cyborgs: Begriff und Anwendung
  • Cyborgs und Roboter in den Medien
  • Letale Autonome Waffensysteme (LAWS) und ihre Steuerung (in-the-loop, on-the-loop, out-of-the-loop)
  • Humanoide Pflegeroboter: Chancen und Risiken ihrer Anwendung
  • Humanoide Sexroboter: Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes

Überwachung

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen Mittel und Verfahren staatlicher Kontrolle im Medium des Digitalen.

  • Methoden und Techniken der Überwachung durch öffentliche und private Akteure, durch Staaten und Industriekonzerne (z. B. durch Nutzerprofile, soziale Klassifizierung)
  • Legitimation von Überwachung zum Schutz des Einzelnen, bestimmter Gruppen und der Mehrheit
  • Präventive Überwachung zur Gewährleistung von Sicherheit (Terrorismusabwehr, z. B. NSA-Skandal, Wikileaks)
  • Prädiktive Datenanalysen in der Kriminalitätsbekämpfung (z. B. COMPAS)
  • Verhältnis von Transparenz und berechtigtem Interesse an Geheimhaltung

Zukunft der Arbeit

Zentrales Lernziel: Die Schüler kennen die Chancen und Risiken der Digitalisierung im Arbeitsumfeld.

  • Arbeit 4.0: Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt (Clickworker, Human Cloud)
  • Soziale Folgen der Digitalisierung und Gegenmaßnahmen (lebenslanges Lernen, Qualifikation)
  • Mentalitäts- und Wertewandel in der Arbeitswelt

Bibliographie

  • Buhl, Heike; Bonanati, Sabrina; Eickelmann, Birgit: Schule in der digitalen Welt. Göttingen: Hogrefe, 2021 (Psychologie im Schulalltag: 4)
  • De Florio-Hansen, Inez: Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Robotik : eine Einführung für Schule und Unterricht. Münster: Waxmann, 2020
  • Endberg, Manuela: Schule digital - Handreichung zur schulischen Medienarbeit. Münster: Waxmann Verlag, 2018
  • Grimm, Petra; Keber, Tobias; Zöllner, Oliver: Digitale Ethik: Leben in vernetzten Welten. Ditzingen: Reclam, 2019 (Kompaktwissen XLK, Nr. 15240)
  • Moser, Heinz: Einführung in die Medienpädagogik: Aufwachsen im digitalen Zeitalter. Wiesbaden: Springer, 2019 (6. Aufl.)
  • Schaumburg, Heike: Medien und Schule: Theorie - Forschung – Praxis. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt, 2019