Chinesisches Theater

Theater erfüllt in China ähnliche Aufgaben wie im Westen. Lediglich die Formen unterscheiden sich oft. Bekannt ist oft nur die Peking-Oper. Dass es in China eine jahrtausendealte Theaterkultur gibt, die regional ausdifferenziert ist, wird dabei oft übersehen.

Zentrale Begriffe des chinesischen Theaters

Zájù: Komische Kurzspiele der (nördlichen) Yuan-Dynastie mit bis zu fünf Rollen; zum Figurenarsenal gehörten eine Hauptfigur (moni), ein Akrobat (fujing), ein Parodist (fumo), ein Darsteller von Frauen (yinxi) und Beamten (zhuanggu); gegliedert in vier Akte (zhe) mit Vor- und Zwischenspielen; die im Akt einheitlichen Arien in gebundener Rede wurden nur von Männern gesungen, dazu kamen Dialoge in Prosa; jeder Darsteller führte sich selbst ein, eröffnet wurde das Stück vom Protagonisten; 560 Stücke sind bekannt, etwa 160 sind erhalten; typisch für das traditionelle Theater ist zudem ein Farbcode: gelb erscheint der Kaiser, weiß die Bürgerlichen; bei den Schminkmasken sind Krieger schwarz, Generäle rot und besonders grausame Figuren blau; alte und bedeutende Figuren tragen Bärte; 

Pijingxi: Chinesisches Schattentheater der Song-Zeit, in der Regel mit Musikbegleitung; gezeigt werden historische Stoffe, später (in der Ming-Zeit) auch Religiöses (etwa Episoden aus dem Leben Buddhas);

Kuileixi: Puppentheater Chinas der Song-Zeit, als xuansi kuilei mit Marionetten, als zhangtou kuilei in der Form von Stabpuppen; neben Stücke mit sozialkritischen Tendenzen (wen xi) gibt es bis heute Stücke militärischen Inhalts (wu xi);

Nanxi: Südliche Theaterform mit reicher Kostümierung und Gesangbegleitung, zunächst in der Gegend von Wenzhou, mit inneren Monologen in Form von Arien; aufgeführt wurde in Ziegelhäusern (washe), etwa 160 Titel sind bekannt, 16 erhalten;

Canjunxi: Hanswurstiade um einen verlogenen Adjutanten bei Hof, der zuletzt vom „Grauen Falken“ überführt wird und schließlich verprügelt;

Nuo: Exorzistisches Maskenspiel im Volkstheater der Han-Zeit, das auf der Ritualstätte (chang) zur Austreibung böser Geister aufgeführt wird;

Chuanqi: Dramatische Romanze der Ming-Zeit; bekannt ist vor allem (auch im Westen) Gao Mings Pipa ji („Die Laute“), ein sentimentales Singspiel;

Kūnqǔ: Singspiel aus Kunshan, geprägt von Wei Liangfu; Verbindung einer Liebeshandlung mit heroischen Stoffen, begleitet in der Regel von Blasinstrumenten; bekannt ist das Stück Mudan Ting („Die Rückkehr der Seele“, „Der Päonienpavillon“);

Yiyang: Chinesischer Theaterstil, bei dem der Chor hinter der Bühne platziert wird und die Umgangssprache dominiert, in der Regel wurden nur grobe Handlungsabläufe skizziert;

Jīngjù, Pekingoper: Ursprünglich in Anhui entwickelter und nach Peking vermittelter Stil des Singtheaters, der einen melancholischen Musikstil (erhuang) mit lebhaften Melodien (xipi) verbindet und als reich ausgestattetes Gesamtkunstwerk zum Rhythmus der Holzklapper aufgeführt wird; zusätzlichen zum Stil der Hauptstadt Peking (jingpai) entsteht ein Stil Shanghais (haipai), noch üppiger in der Ausstattung; die Figurenkonstellation umfasst zwei Hauptfiguren: sheng (Protagonist) und dan (weibliche Hauptfigur); hinzu kommt der bunt maskierte jing ohne nähere Festlegung und der Spaßmacher (chou); besonders angesehen ist das Rollenfach des alten Mannes (laosheng); die Körpersprache der Peking-Oper ist streng kodifiziert; die Stoffe sind in der Regel heroisch oder mythisch und stammen aus der Frühzeit Chinas; die Bühne ist bis auf einen Tisch und einige Stühle leer, Fahnen symbolisieren die Umgebung; die Zuschauer sitzen im erleuchteten Zuschauerraum und trinken Tee; zahlreiche lokale und regionale Formen existieren, darunter Henan-Oper (yùjù), Taiwan-Oper (gēzǐxì) und Kanton-Oper (yuèjù).

Huaju: An westlichen Formen orientiertes Sprechtheater, angeregt von Lu Jingruo und der 1914 in Shanghai gegründeten Dramatischen Gesellschaft; an diese Traditionslinie knüpfen die gesellschaftskritischen Stücke von Gao Xinjiang an;

Nongmin xiju shiyan: Von Xiong Foxi begründetes Bauern- und Agitproptheater, das sich traditioneller Formen bedient und sich im Widerstand gegen die japanischen Besetzer engagiert; bekanntester Autor ist Cao Yu mit Stücken wie Leiyu („Gewitter“, 1934).

Bibliographie

  • Brauneck, Manfred: Kleine Weltgeschichte des Theaters. München: C.H.Beck, 2014
  • Eberstein, Bernd: Das chinesische Theater im 20. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz, 1983 (Schriften des Instituts für Asienkunde in Hamburg; 45)
  • Tian, Mansha (Hg.); Odenthal, Johannes: Lebendige Erinnerung - Xiqu: Zeitgenössische Entwicklungen im chinesischen Musiktheater. Berlin: Theater der Zeit, 2006
  • Cao, Kefei; Heymann, Sabine; Lepschy, Christoph (Hgg.): Zeitgenössisches Theater in China. Berlin: Alexander Verlag, 2017
  • Gissenwehrer, Michael: Chinas Propagandatheater: 1942 – 1989. München: Utz, 2008 (Theaterwissenschaft; 12)
  • Gissenwehrer, Michael: In der Hand des Höllenfürsten sind wir alle Puppen: Grenzen und Möglichkeiten des chinesischen Figurentheaters der Gegenwart. München: Utz, 2008 (Theaterwissenschaft; 11)
  • Gao, Xingjian: Nächtliche Wanderung: Reflektionen über das Theater. Neckargemünd: Edition Mnemosyne, 2000 (Reihe GegenSatz; 3)
  • Bernicke, Astrid: Die chinesische Oper: Geschichte und Gattungen: Ein Handbuch in Text und Bild. Mainz: Schott Music, 2008