Christoph Lippelt: Hautarzt und Dichter

Christoph Lippelt
ist wenn er nicht schnippelt
und ordiniert
aufs Dichten fixiert.

Reinhard Döhl

Biographie

Christoph Lippelt kommt am 25.11.38 zur Welt. Der Vater, Fabrikdirektor, wird nach Meißen gerufen, um eine dortige Fabrik zu retten. In Meißen wird Lippelt eingeschult. Der Vater stirbt 1946, die Mutter zieht mit dem Sohn 1948 nach Helmstedt. Von dort aus gibt ihn die Mutter in ein Internat in Benefeld bei Walsrode, das er bis zur 11. Klasse besucht. Die Oberstufe verbringt Lippelt am neuen Wohnort in Stuttgart – er besucht die Waldorfschule auf der Uhlandshöhe. Nach einem Studium der Medizin in Tübingen, wo er auch Theater spielt, in Hamburg und Berlin, kehrt er 1964 nach Stuttgart zurück und wohnt zunächst in Möhringen. Im selben Jahr promoviert er in Tübingen mit einer Dissertation zur Wachstumsgeschwindigkeit gynäkologischer Carcinome. 1966 lernt er im Katharinenhospital seine Frau kennen, heiratet und zieht nach Bad Cannstatt. Von 1984 bis zum 22.12.1998 ist Lippelt als niedergelassener Hautarzt in Winnenden tätig. Lippelt unternimmt zahlreiche Reisen, die ihn vor allem in den Mittelmeerraum führen. 1989 ist er Teilnehmer am Deutsch-Schweizer Autorentreffen in Rottweil. Nur zwei Wochen nach der Vorstellung seines Romans „Ein halb versunkener Hund“ stirbt Christoph Lippelt am 28.12.2014 nach kurzer, schwerer Krankheit. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Untertürkheim. Lippelt hat zahlreiche öffentliche Lesungen beim Süddeutschen Rundfunk, beim Südwestfunk und bei Radio Bremen gehalten. In den Jahren 1982, 1986, 1988, 1992 und 1999 war beim Literaturtelefon Stuttgart engagiert. Als Mitglied des deutschen Schriftstellerverbandes seit 1976 war Lippelt Mitglied des Rundfunkrates des Süddeutschen Rundfunks von 1980 bis 1984 und von 1990 bis 1994 sowie Mitglied verschiedener Literaturjuries.

Bezug zu Winnenden

Christoph Lippelt war niedergelassener Hautarzt in Winnenden. Seine Praxis befand sich zunächst in der Schlossstraße 20, im früheren Wohnhaus Marie Huzels, ehe ihm die Paulinenpflege wegen Eigenbedarf kündigt. Später praktiziert Lippelt in der Torstraße 9 (seit 1999: Praxis Dr. Bruckner). In Gedichten hat Lippelt die nähere Umgebung Winnendens festgehalten (Buoch, Poppenweiler, Stetten). Lippelts satirischer Roman „Kannibalentanz“, der 1992 im Silberburg-Verlag erschien, ist voller Bezüge zu Winnenden. Der Roman trägt Lippelt mehrere Prozesse ein. Dabei ist der Fiktionalitätscharakter des Romans trotz aller Lebensspuren klar erkennbar.

Der Arzt Dr. Thymian kündigt seiner Gefährtin Julia zuliebe seine Stelle im Gesundheitsamt der Landeshauptstadt in die Kleinstadt Licht-Rabenau (das satirische Gegenstück Winnendens). Bald fragt er sich jedoch: „Aber warum nur, um Gotteswillen, gerade nach Licht-Rabenau, wo das ganze Unglück der Menschheit auf kleinstem Raum so offenkundig und ungeschminkt zutage [tritt]“. Im besagten Städtchen trifft er auf den „rundköpfige[n], braungebrannte[n] Bürgermeister“ und seinen Sozialamtschef Maultasch, der ihn in Licht-Rabenau einführt. In seinen Phantasien legt er sich mit „Dr. med. Dr. phil. Heribert Malmgrund an, der die psychiatrische Anstalt Schloß Rabenau (analog zum PLK) leitet, ehe sich ein schwäbelndes Pandämonium von Kleinstädtern in seiner Praxis einstellt, behandlungsbedürftig, und sagenhaft ungebildet. Diese Praxis befindet sich im Haus einer gewissen Hermine Wohlfahrt, die zuvor Soldaten an der Front mit Liebesgaben versorgt hat (ein Bezug zu Marie Huzel). Auch ein Heim für Menschen mit einer Behinderung gibt es in Licht-Rabenau, das Friedrich Sofien-Werk (man denke an die Paulinenpflege), dessen Insassen er ebenfalls behandelt. Dazu gehört auch Johannes, der mit dem wahnsinnigen Dichter Lindauer (ein Aspekt Lenaus) verbunden scheint und dem Lebensmittelhändler Kloppstock dient. Nikolaus Lindauer wiederum wurde vom Anwaltsdirektor Zeller (angelehnt an Albert Zeller) behandelt, mit allen Grausamkeiten des psychiatrischen Alltags vor der pharmakologischen Wende. Besondere Aufmerksamkeit gebührt dem „Schweinedenkmal“ (der Winnender Mops). Mehrfach spielt Lippelt auf die Krankenmorde der NS-Zeit an (S. 313). Thymian ist eng verbunden mit Professor Eduard Eitelding, in dessen „Glashaus“ er die anderen Honoratioren der Stadt trifft. Der Genius Loci des Orts trifft Thymian schließlich mit voller Wucht: Er wird verrückt und fährt zuletzt ins Nichts.

Werk

Christoph Lippelt beginnt schon als Jugendlicher zu schreiben und bleibt zeitlebens ein produktiver Lyriker und Romancier. 1974 und 1975 erhält er den Lyrikpreis der Zeitschrift „Das Boot“. Ab 1977 veröffentlicht Lippelt Gedichtbände, der letzte („Weiße Tage wie gemalt“) erscheint 2015. 1983 wird Lippelt mit dem Literaturpreis der Bundesärztekammer und 1986 mit dem Literaturpreis der Landeshauptstadt Stuttgart ausgezeichnet. Bei der IGA 1993 werden zwei seiner Gedichte („Wundermild wie wunderwild“, „Aus ihren Ruinen kommen wir“) für Lyrikstationen ausgewählt.

Abb.: Christoph Lippelt in Italien, Privatbesitz Christa Lippelt

Bibliographie

Werke Christoph Lippelts

  • Lippelt, Christoph: Ein halb versunkener Hund: Roman. Karlsruhe: Info-Verlag, 2014 (Lindemanns Bibliothek; 226)
  • Lippelt, Christoph: Weiße Tage wie gemalt: Gedichte. Karlsruhe: Info-Verlag, 2013 (Lindemanns Bibliothek; 194)
  • Lippelt, Christoph: Wege des Lichtsammlers: Gedichte. Karlsruhe: Info-Verl., 2010 (Lindemanns Bibliothek; 99)
  • Lippelt, Christoph: Hölder Adieu: Diotimas Briefe. Gedichtzyklus. Stuttgart: Verl. der Studiengalerie, 2010
  • Lippelt, Christoph: Engelsbühl: Roman. Waldburg: Demand, 2008
  • Lippelt, Christoph: Masurenblut: Eine Reise Quasi una fantasia: Erzählung. Großkrotzenburg: Keim, 2007 (Druck der Cruzenburch-Presse; 18)
  • Lippelt, Christoph: Vogelwind und Flammenzungen. Gedichte. Großkrotzenburg a. M.: Keim, 2006
  • Lippelt, Christoph: In Banjos Schatten: Betrachtungen, Ereignisse, Verwandlungen: Fast ein Wilhelma-Tagebuch. Weissach i. T.: Alkyon-Verlag, 2004
  • Lippelt, Christoph: Nieskonczone Przestrzenie - Grenzenlose Räume: Ausgewählte Gedichte 1972 – 2002. Poznan: Stowarzyszenie Pisarzy Polskich, 2003
  • Lippelt, Christoph: La fornarina: Gedichte; deutsch - italienisch. Großkrotzenburg: Keim, 2003 (Druck der Cruzenburch-Presse;17)
  • Lippelt, Christoph: Erzählungen, 1: Nachtschlag. Weissach i. T.: Alkyon-Verl., G. Stirn, 2003
  • Lippelt, Christoph: Erzählungen, 2: Zerebellis Fehler. Weissach i. T.: Alkyon-Verl., G. Stirn, 2003
  • Lippelt, Christoph: Roman. Stuttgart: Silberburg-Verl., 1999
  • Lippelt, Christoph: Lenaus letzte Reise: Ein Zyklus. Großkrotzenburg: Cruzenburch-Presse Keim, 1999 (Druck der Cruzenburch-Presse; 16)
  • Lippelt, Christoph: Der Berber-Engel. Ein Zyklus. Grosskrotzenburg: Keim, 1995 (Kleiner Druck der Crutzenburch-Presse; 11)
  • Lippelt, Christoph: Garlabans Lachen. Gedichte. Grosskrotzenburg Main: Keim, 1994
  • Lippelt, Christoph: Roman. Stuttgart, Tübingen: Silberburg-Verlag, 1992
  • Lippelt, Christoph: Das Jahr der Liebe. Grosskrotzenburg: Keim, 1991
  • Lippelt, Christoph: Gedichte. Grosskrotzenburg a. Main: Keim, 1990
  • Lippelt, Christoph: Gärten im Gehirn: Gedichte. Grosskrotzenburg: Reinhold Keim Verlag, 1986
  • Lippelt, Christoph: Engel und Steine: Aus den Briefen des Gottlieb Serafim. Grosskrotzenburg: Cruzenburch-Presse, 1985 (Bibliophiler Druck der Cruzenburch-Presse; 13)
  • Lippelt, Christoph: Der Lindholdertraum: Roman. Sigmaringen: Thorbecke, 1984
  • Lippelt, Christoph: Grußworte zur Verleihung des Literaturpreises der Bundesärztekammer 1983. Grosskrotzenburg: Cruzenburch-Presse, 1983 (Kleiner Druck der Cruzenburch-Presse; 10)
  • Lippelt, Christoph; Sigg, Isa: Zenta Maurina: Bilder aus ihrem Leben. Memmingen / Allgäu: Dietrich, 1983
  • Lippelt, Christoph; Hummel, Konrad (Fotograf): Lanzarote: Bilder einer Insel: Farbabbildungen, Gedichte, Kurzbeschreibung. Sigmaringen: Thorbecke, 1981, 2. Aufl.: 1982
  • Lippelt, Christoph: Wo du nicht hinsiehst geschieht es: Gedichte. Stuttgart: Windhueter, 1981
  • Lippelt, Christoph: Ein Gedicht. Grosskrotzenburg: Cruzenburch-Presse, 1979
  • Lippelt, Christoph: Armins Eroberung: Erzählungen. Stuttgart: Windhueter Verlag, 1979
  • Lippelt, Christoph: Die Verurteilung der Gaukler. Großkrotzenburg: Keim, 1978 (Bibliophiler Druck der Cruzenburch-Presse; 11)
  • Lippelt, Christoph: Winterjasmin: Gedichte. Großkrotzenburg: Keim, 1977
  • Lippelt, Christoph: Landschaft mit Engeln. Grosskrotzenburg: Cruzenburch-Pr., 1976 (Kleiner Druck der Cruzenburch-Presse; 3)
  • Lippelt, Christoph: Landschaft mit Engeln. Grosskrotzenburg: Cruzenburch-Presse, 1976 (Kleiner Druck der Cruzenburch-Presse; 3)
  • Lippelt, Christoph: Herausforderung der Träume: Gedichte. Großkrotzenburg: Keim, 1975 (Druck der Cruzenburch-Presse; 9)
  • Lippelt, Christoph: Aufbruch in ein Niemandsland: Gedichte. Kirchberg (Jagst): Wettin-Verl., 1974
  • Lippelt, Christoph: Zur Frage der Wachstumsgeschwindigkeit gynäkologischer Carcinome: Klinische Beobachtungen. 1964 (Tübingen, Univ., Diss., 1964)
  • Lippelt, Christoph: Ich Ikarus rede. [vermutlich Stuttgart], nicht ermittelbar

Zu Christoph Lippelt

  • Vescovi, Gerhard: Laudatio zur Verleihung des Literaturpreises der Bundesärztekammer 1983, in: Deutsches Ärzteblatt, 80. Jg., 27/28, 11.07.1983
  • Poethen, Johannes: Laudatio zur Verleihung des Literaturpreises der Landeshauptstadt Stuttgart 1986, in: Amtsblatt der Landeshauptstadt Stuttgart, März 1987
  • Ferchel, Irene: Adieu Lichtsammler. In: Stuttgarter Zeitung, 14.1.2015

Abb.: Handschriftliches Lebensbild des Autors