Schulgeschichte

Vom Essen in Schulgeschichten

Karl Immermann lässt in einer satirischen Erzählung mit dem überlangen Titel Wie der Dorfschulmeister Agesel durch eine deutsche Sprachlehre um seinen Verstand gebracht wurde, und sich seitdem Agesilaos nannte einen Lehrer auf dem Lande an einer modernen Grammatik verzweifeln – es gelingt ihm durchaus nicht, in die tieferen Gründe der Artikulationslehre einzudringen, auch mit Brille nicht, und so stärkt er sich auf ungewöhnliche Weise: "Er aß eine Knackwurst, sich körperlich zu stärken. Vergebens. Er leerte einen ganzen Senftopf, weil er gehört hatte, dieses Gewürz schärfe den Verstand. Eitles Bemühen!". Eben dieser Dorfschullehrer bildet sich als Folge seines Wahnsinns ein, er sei Spartaner. So kommt es, dass er die milden Gaben seines Schutzherrn, des Barons, gelehrt umdeutet: "Einmal des Tages kam er auf das Schloß, mit den Bewohnern ihre kärgliche Mahlzeit zu teilen; die zweite hielt er in seiner Behausung ab. Sie pflegte in der Regel aus einer Art Mehlbrei zu bestehen, den er auf dem Schneckenberge an Reisigfeuer zurichtete, und seine schwarze Suppe nannte." (1838 / 1839).

In Friedrich Gerstäckers Die Schulvisitation versucht ein Bauer, seinem Buben Gottlob durch ein "riesiges Butterbrot" und die Aussicht auf Klöße die Angst vor der Schule und dem Klassenlehrer Henning zu nehmen. Nachdem Gottlob die Flucht aus dem Klassenzimmer nicht gelingen will, nimmt er Zuflucht zu eben jenem Butterbrot: "[Gottlob] wischte sich den tränenfeuchten Schmutz auf eine immer bedenklichere Weise im Gesicht herum und preßte das `Butterbrot`, dessen papierene Hüllen schon lange heruntergefallen, so fest zusammen, daß es weit auseinanderklaffte und vor Schmerz das inwendig aufgestrichene Pflaumenmus (der Name Butterbrot [kursiv] war nämlich, obgleich all die Musbrote so genannt wurden, nur eine Schmeichelei) preiszugeben schien." (Pfarre und Schule. Eine Dorfgeschichte, 1849).

In Otto Julius Bierbaums Roman Stilpe wird der kleine Willibald von seiner Mutter durch Bonbons auf den Pfad der Rechtschaffenheit gelenkt; die Methode hat jedoch aus väterlicher Sicht ihre Grenzen: "Der kleine Willibald, so hatte man ihn nach der Taufe genannt, reagierte wie ein Engel auf Bonbons. Aber von der höheren Betrachtungswarte der väterlichen Kritik aus machte es sich bald bemerkbar, daß das Allgemeinbild der Willibaldschen Entwicklung sich nicht völlig so süß ausnahm wie die einzelnen Reaktionserscheinungen. Kurz gesagt: Willibald war außerhalb der jeweiligen Bonbonwirkungen eine beträchtliche Range." Die Süße dieser Zuneigung der Mutter schlägt sich auch in den künstlich unbeholfenen Briefen nieder, die der eben eingeschulte Willibald seiner Mutter zuschickt. In der Petitio, fester Bestandteil auch jener Knabenbriefe, bittet er von Mal zu Mal um andere erlesene Speisen: "Ach meine liebe gute beste Mama, schick mir doch eine Kiste mit Wurst und Gänsefett, daß ich auch was hab auf die trockenen Dreierbrotchen, die wir zum Frihstick kriegen, und ich dem Schisseloberst was abgeben kann, daß er mich nicht immer den Zucker frih karieren lässt." Ein andermal bittet er um Geld, um bei der Obstfrau einzukaufen, die "viele schöne Sachen [hat], Johannisbrot und Äpfel und Birn und Mispeln, aber Blockzucker darf sie nicht haben." Auf den Blockzucker kommt er im nächsten Brief erneut zu sprechen: "Du weißt nicht, was Blockzucker ist? Ich werde es dir erklären. Das sind rote oder gelbe oder weiße Tafeln, und die roten schmecken nach Himbeer, die gelben nach Apfelsine und die weißen nach Citrone. Die roten schmecken am schönsten.". Stilpes erstaunliche Fähigkeit zum Genuss des süßen Lebens, die im Roman mehr als einmal angedeutet wird, in der von Verteilungskämpfen und Unterordnung geprägten Schule erreicht sie ihren Höhepunkt. In einem weiteren Brief berichtet Stilpe seiner Mutter: "Dann geht`s zum Kaffetrinken, wo immer jede Schissel aus vier jungens besteht und einen Schisseloberst, Schisselvice, Schisselterz und Schisselschund hat, eine Kanne Kaffe krigt und jeder drei Eckchen Semmel und zwei Stikchen Zucker. Der Zucker wird gewöhnlich in die Semmel neingebohrt und dann gedunkt, das schmeckt wie Kuchen. Die Schisselschunds krigen aber nicht immer alle zwei Stikchen Zucker, weil manchmal welche fehlen." Einen Mittagstisch in der Schule schildert der junge Stilpe im sechsten Brief an die Mutter, die ihn von nun an mit gefüllten Pfannkuchen versorgt: "Dann kommt das Mittagessen. Erst betet einer Komm Herr Jesu sei unser Gast segne was du uns bescheret hast, und wenns alle ist, betet wieder einer Wir danken Dir Herr Jesu Christ, das Du unser Gast gewesen bist. ["¦]. Es giebt meistensteils Rindfleisch mit Gemiese, und Brot kann sich jeder nachholen, wenn er noch nicht satt ist. Ich hole mir immer welches. Bier giebts keins, blos Wasser." In einem der folgenden Briefe, deren Rechtschreibung sich im Verlauf des Erzählens merklich verbessert, schilder Willibald auch das Abendessen im Internat: "Da wird erstens Abendessen gegessen, wobei auch Biertrinken stattfindet. Es ist aber natürlich blos einfaches. Dazu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett ist mir lieber, denn die Butter ist sehr häufig ranzig. Viele Jungens schmieren sie dann untern Tisch oder schnippen sie mit dem Messer an die Decke. Dann fällt sie am nächsten Tag in die Suppe. ["¦] Im Winter soll die Butter auch von vielen Jungens gesammelt werden, und sie machen dann abends auf dem Arbeitszimmer Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß fein schmecken." Der Erzähler schiebt dem Echtheitsbeleg der Korrespondenz eine Beemerkung nach, der Stilpes Wesen scheinbar in einem Satz zusammenfasst: "Man hat, denk ich`, aus den Briefen des Battlings ersehen, daß Klein-Willibald, nicht ohne instinktive Lebenskunst, es verstanden hat, aus dem sauren Apfel, in den zu beißen er gezwungen war, nach Möglichkeit Süßes zu saugen." In einen süßen Apfel beißt er kurz darauf wirklich, nachdem ihm auf einem nächtlichen Abenteuer Saures widerfahren ist – die erste Liebe schäkert mit einem Anderen. (Otto Julius Bierbaum: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive, 1897). Für Hans Benders Hans aus Worte, Bilder, Menschen sind es Äpfel, Äpfel von daheim, die dem Internatsschüler im Duft die Erinnerung ans Zuhause aufsteigen lassen: "Hans kniete vor den Schrank, legte die Hände auf die Äpfel, streichelte sie, schnupperte ihren Duft: Äpfel aus dem Grasgarten von daheim, von jenem Baum am Zaun, dem knorrig gewachsenen, der im Herbst, wenn er voller Früchte hing, die Zweige ins Gras tauchte.".

Das Verhältnis der Primaner zum Alkohol ist ein Gegenstand, den viele Schulgeschichten streifen; an Berühmtheit mit der Heidelbeerwein-Episode aus der Feuerzangenbowle Heinrich Spoerls kann es keine von ihnen aufnehmen. Kaum muss man bemerken, dass der zündende Geist des Buches ebenfalls von einem geistigen Getränk herrührt – von der Feuerzangenbowle. Das Kapitel ist schnell zusammengefasst: Schnauz, oder besser: Crey, der Chemieprofessor, betritt arglos den Fachraum, wo seine Oberstufenschüler ein Komplott ausgeheckt haben. Sie geben vor, vom selbstgemachten Heidelbeerwein ihres Lehrers so trunken zu sein, dass sie zur Aufnahme jedweden Lehrstoffs ungeeignet erscheinen müssen. Der Lehrer, peinlich berührt und zugleich ratlos, entlässt sie. Dennoch wird er zum Rektor bestellt, zu "Zeus", wo ihn der Hauptheld Hans Pfeiffer durch seine vom drohenden Blitzstrahl einer Maßregelung rettet (1935). An den studentischen Kommers erinnert eine Stelle aus Arnold Zweigs Allerleirauh. "Allah", so nennen die Oberprimaner ihren Lehrer Alfred Lamarten, wird bei einem feucht-fröhlichen Umtrunk beim Kneipabend vom Präsiden mit einem Schmollis bedacht: "'Prosit!` schrien alle und hoben ihm ihre Krüge entgegen, freudig und anerkennend, 'prost, Allah`, und lautes Reden brach allgemein aus." Selbst in der Klosterschule darf den Primanern, zumindest bei Hans Bender, Gehaltvolles serviert werden. Nach einer Festrede verspricht der Pater Rektor, ""¦den Schülern der Oberklassen spendiere er je eine Flasche Bier, und jeder dürfe zwei Zigarillos rauchen; die Kleinen könnten sich an Kaffee und Kuchen vergnügen.". Primanerspeisen nennt auch Hermann Uhde-Bernays in seiner Beschreibung des Wilhelmgymnasiums aus Im Lichte der Freiheit (1963). Die Wurst gehört dazu, ebenso die männliche Reife unterstreichend wie das unvermeidliche Bier: "Wir standen mit ihm [dem alten Pedellen Peschel] und seiner Frau, die in der Pause Salzbrezeln verkaufte, auf vortrefflichem Fuße und wagten als Oberprimaner sogar, im Wohnzimmer Brat- und Weißwürste und insgeheim ein Schöppchen Bier zu uns zu nehmen."

In seiner Überbein-Skizze aus Königliche Hoheit schildert Thomas Mann ein vergleichsweise harmloses Pausenvergnügen, allerdings keines für die Schüler, sondern für die Lehrer. Deshalb bleibt auch die Vorbildhaftigkeit des Personals stets im Blick: "Herr Stavenhüter wischte freudig den rohen Tisch und brachte persönlich die Limonade. Man mußte den Glaskugelpfropfen durch den Flaschenhals stoßen. `Reine Ware!`, sagte Herr Stavenhüter. `Das Bekömmlichste von allem. Kein Gesudel, Großherzogliche Hoheit und Sie, Herr Doktor, sondern gezuckerte Natursäfte und mit dem besten Gewissen zu empfehlen!`" (1960).

Zuweilen wird auch die Schule zum Paradies, Pausenbrote leiten den Sündenfall ein – in Königliche Hoheit schildert Thomas Mann ein Tanzvergnügen, bei dem sich der Romanheld Klaus Heinrich durch eine etwas absonderliche Form der Galanterie hervortut: "Er lief davon, lief hastig zwischen den Tanzenden hindurch, indem er mit halber Stimme um Entschuldigung bat, wenn er jemanden anstieß, erreichte das Büfett, ergriff ein Brötchen, stürzte zurück, fuhr gleitend in sein Karree hinein"¦ Das war nicht alles. Er führte das Brötchen – es war mit ei und Sardellen belegt – gegen die Lippen seiner Partnerin, des Mädchens mit den großen, weißen Händen, - sie beugte ein wenig die Knie, biß zu, biß, ohne die Hände zu brauchen, wohl die Hälfte ab"¦ und zurückgeworfenen Kopfes schob er sich den Rest in den Mund."(1960).

In Die Klosterschule erzählt Barbara Frischmuth, wie die harte Klosterzucht durch nächtliches Schokoladenessen unterlaufen wird. Die Schokolade ist eines jener Erinnerungsstücke, die im Schlafsaal der Mädchen die Sehnsucht nach dem Zuhause lindert: "Es ist der Ort, an dem wir Erinnerungsstücke an die Zeit zuvor aufbewahren: Puppen, Papierblumen, Ohrringe mit einem blauen oder roten Stein, ein Hundehalsband, Bilder von Eltern und Geschwistern, den eigenen Rosenkranz, das Taufmedaillon, die Erstkommunionkerze, gepreßte Ahornfinger, das Stammbuch und die Schokoladen, die wir von zuhause bekommen und die wir in unseren Nachttischladen versteckt halten, um sie nachts in Ruhe aufzuessen, was aber schlecht für die Zähne ist." (1978).

Auch in jenem Erziehungs- und Schulheim, das Hermann Kinder in Der Schleiftrog düster ausmalt, gelten strenge Regeln der Tischzucht. Sie verhindert das Chaos in einer Schülermasse, deren Menschenliebe offenbar erst noch geweckt werden muss – oder: deren wechselseitiger Hass in die milden Formen des gewohnten Umgangs geprägt werden soll. "Eßkultur. Mit einem Stubenkameraden habe ich Streit. Beim Mittagessen rafft er sich das feisteste Kotelett von der Platte, obwohl ich vor ihm dran bin. Reicht einfach vor mir her und angelt sich das Fleisch. Das ist ein starkes Stück. Es wird nun einmal nach der Sitzordnung genommen, da kann doch nicht jeder machen, was er will, wo kämen wir denn da hin!" (1989).

Mahlzeiten werden auch beim Klassentreffen verzehrt – üppige, schwere Mahlzeiten, die zur gesetzten Lebensart der längst nicht mehr unter dem Dikat der Schule stehenden Damen und Herren passen. Beim Klassentreffen werden einst bedeutsame Gerüchte aufgekocht, und der belanglose Prunk des Privatbesitzes verschwindet unter einer Decke wohliger Gemeinschaftstümelei. Diese Konstellation bringt Günter Herburger in Hauptlehrer Hofer (1975) in ein kulinarisches Bild: "Das Buffet wurde freigegeben, ein Turm aus Tiegeln, Schalen und Platten, überhäuft mit unüblichen Speisen wie pochierten Wachteleiern, Forellen in Gelee, Meringen süßsauer, gespickter Damhirschlende, von apokryphen Pilzen geschwärztem Marmorauflauf, Tunken aus Holunder und Pfefferklee, Pestalozzispaghetti und einem in seiner rosarot jämmerlich strahlenden Pracht gekochtem Schweinskopf mit Petersilienstengeln im ergebenen Maul, ein Mahnmal, an das sich zunächst niemand wagte, obwohl Elisabeth zum Beweis der Eßbarkeit federleicht mit einem Löffel eine Portion aus dem Fleisch hob. Die geheimere Überraschung war, daß Direktor Freitag, damals Leiter der düsteren Backsteinschule, vor dem wir alle gebebt hatten, uns schweigend, die Getränke einschenkte, leichten Weißwein, Pils oder einen schaumig gelben Saft, der ein wenig bitter schmeckte und, von ihm feierlich verkündet, die Waage halte zwischen Vogelbeere und Ampfer."

In Else Lasker Schülers Erzählung Der letzte Schultag ist es der Vater, der die Schulzucht mit Leckereien untergräbt, weshalb die Mutter ihm prompt die Nusstorte versagt; auch die Lehrerin reicht lediglich Lakritze: "Eigentlich war Papa an allem schuld, er kaufte mir ja die Bonbons und die Schokolade, die mich am Aufpassen im Unterricht hinderten." Die Strenge der Schule bildet sich der Erzählerin in vertrauten Symbolen ab: "["¦] Buchstaben und Ziffern prägen sich leicht und tief in die nachgiebige Gehirnmasse, wie in den weichen Mondamin-Puddingteig die übliche Fischform."

Wird das Essen einmal selbst Gegenstand einer lehrhaften Befragung, in Jaroslav HaÅ¡eks Erzählung Mann und Frau in der Ehe ist es eine buchstäblich peinliche Befragung, dann können Schülerleistung und Lehrererwartung weit auseinander liegen. Der Hinterbänkler Chaloupecký wird zu einem Spontanreferat über Erotomanie verdonnert, das er glänzend besteht – bis der Professor ihn auffordert, die Zusammensetzung des Liebestrankes zu schildern, mit dem Caesonia den römischen Kaiser Caligula in den Wahnsinn befördert hatte. Dies gelingt ihm nicht, und so folgert der Schulmeister: ",Sie ließ ihn einen Sud aus Bohnenkraut, Pfefferminze und Gartenkresse trinken. Notiert euch das, Jungs. Das war der Trunk, von dem Kaiser Caligula verrückt wurde. Es ist offensichtlich, Chaloupecký, daß Sie sich nicht vorbereitet haben.`"

Auch Lehrer, bei deren Beschreibung selbst ausgewogene Schulgeschichten gerne überspitzen und überzeichnen, auch Lehrer lassen sich durch Lebensmittel charakterisieren. Nicht selten handelt es sich, das bringt der Stoff offenbar mit sich, um saure, trockene oder sonst wie unbekömmliche Substanzen. Jakob von Hoddis sagt von der Lehrerpersönlichkeit in seinem Gedicht Der Oberlehrer: "Ein grauer Schnurrbart starrt durch sein Gesicht / Er riecht nach saurem Brot und nach Tobak."

In vielen Schulgeschichten trinken Lehrer, fortwährend und in aller Seelenruhe, Tee oder Kaffee. Das tut Arno Holzens Abromeit, während er Elternbriefe öffnet (Der erste Schultag), und auch Friedrich Hebbels alte Jungfer Susanna hat stets nicht nur einen Beutel Rosinen zur Belohnung der Schüler vor sich sondern auch eine Tasse Tee. Ein satirisches Zeugnis vom Ansehen der Lehrer in der Bevölkerung gibt Karl Götz, der in Heitere schwäbische Kindheit (1981, 2. Aufl.) den Erzähler mit seiner Mutter über die Wahl des rechten Berufs verhandeln lässt. Die Mutter rät zum Lehrberuf. Das erzählende Ich gibt die Empfehlungen an den Leser weiter: "Wenn ich gescheit sei, gehe ich einmal aufs Land, wo jeder Lehrer von jeder Metzelsuppe die besten Stücke bekomme, und wo er kein Ei zu kaufen brauche. Auch von jeder Hochzeit und Taufe bekomme er das Seine."

Nicht nur Friedrich Hebbels Klippschullehrerin Susanna, die mit Rosinen belohnt, auch Franz Grillparzers Hofmeister Gärtner, den der Schriftsteller in seiner Selbstbiographie (1872) porträtiert, nutzt das Essen als Erziehungsmittel – nur um zu erfahren, wie schwach seine Stellung als Hofmeister gegen die Angriffe seiner Schützlinge befestigt ist: "Die Strafe bestand in dem Verbote, bei Tisch von der vierten Speise zu essen. Nun duldete mein Vater nicht, daß wir uns, aus Vorliebe oder Abneigung, im Essen wählerisch zeigten. Wenn nun die verbotene Speise kam, schob der Sträfling seinen Teller von sich ab. 'Was soll das bedeuten?` fragte mein Vater. 'Ich danke, ich mag davon nicht essen.` – 'Du wirst essen`, sagte mein Vater." Eine Pädagogik von Zuckerbrot und Peitsche muss auch der Junge Seume über sich ergehen lassen, dessen Lehrer Weyhrauch den Primus nicht nur verdrischt, sondern zum Ausgleich "eine Belohnung von herrlichem Brot mit dem besten Honig" reicht (Mein Leben, 1813).

Einen merkwürdigen Fall von poetischer Einbettung findet sich in Johann Heinrich Jung-Stillings Henrich Stillings Jugend (1777). Ein Junge erzählt das Märchen vom Greisen, der vom Tisch verbannt und durch seinen Enkel wieder aufgenommen wird. Dies geht dem jungen Stilling so ans Herz, dass er sich seinen Großvater als Samson vorstellt, der das Haus der Sünder am Eckposten aus den Angeln hebt.

In den Memoiren des Peterhans von Binningen (1960) von Curt Goetz findet sich einer der ersten literarischen Belegen für den Verkauf von Brötchen an der Schule. Das Ziel dieses Handels ist es jedoch nicht, tatsächlich ein sättigendes Brötchen zu erstehen, sondern der Pedellstochter nahe zu sein: "Es gab eine Menge Schüler, die ihr Frühstück in Gestalt einer Dreierwecke beim Pedelltöchterchen kauften. So eine Dreierwecke kostete, wie schon der Name sagt, fünf Pfennig. Allerdings war sie dafür mit Salz und schmalz beschmiert. Und die Fixigkeit, mit der das geschah, das hättest du sehen sollen! Ritsch: mit einem Schnitt war die Wecke geteilt, aber so, dass die Hälften noch mit einem Rest von Zugehörigkeit zusammenhielten; rasch: ein Strich mit dem fettbehafteten Messer über die eine [Kursiv] der Hälften – genug Fett für den Preis – , stups: drei Finger spitzten ins Salzfaß und vollführten über der in der anderen Hand kreisenden offenen Wecke einen Wirbel, der mit bloßem Auge gar nicht zu verfolgen war, der aber die Salzkörnchen so gleichmäßig verteilte, wie es die Sommersprossen auf Pedellstöchterchens Stupsnäschen waren; klapp! Machten die Hälften, wenn sie zusammenschlug und dem Käufer mit nach oben gedrehter Handfläche hinhielt, in die dieser dann fünf Pfennige legte, während die andere Hand des Mädchens bereits das nächste Brötchen ergriff."