Stil in Aufsätzen: Den Ausdruck verbessern

Wer sich in Aufsätzen gut ausdrücken kann, kommt oft zu besseren Ergebnissen. Guter Stil ist keine Frage des Geschmacks, sondern der Verständlichkeit. Leider ist es nicht leicht, sich im Ausdruck zu verbessern. Das dauert und kostet Mühe. Hier also einige Hinweise, was man tun und lassen sollte!

Häufige Missverständnisse über guten Stil

Wer gut schreiben will, muss zunächst begreifen, was schlechten Stil ausmacht:

  • viele Fremdwörter, weit über den Fachwortschatz hinaus;
  • möglichst verschachtelte Sätze,
  • so, wie es die Sekundärliteratur oft vorgibt;
  • unnötige Weitschweifigkeit;
  • eine geschwollene, gestelzte und gespreizte Ausdrucksweise.

Guter Stil ist dagegen:

  • einfach,
  • anschaulich,
  • genau,
  • leicht verständlich,

Wortwahl: Allgemeine Hinweise

Vermeide schwierige Fremdwörter!

Verwende ein Lehnwort oder ein Wort mit deutschem Wortstamm,

  • wann immer dir oder der Leserschaft die Bedeutung des jeweiligen Fremdworts nicht völlig klar ist,
  • wenn das Fremdwort länger ist,
  • wenn es schwierig auszusprechen ist,
  • wenn das Fremdwort dem Sinn der Aussage nichts hinzufügt.

Besonders eingedeutschte Fachbegriffe darfst du verwenden:

  • Das Enjambement verbindet die beiden Verse. > Der Zeilensprung verbindet die beiden Verse.

Verwende Fachbegriffe!

Verwende Fachbegriffe, außer

  1. wenn du ihre Grammatik nicht sicher beherrschst (zum Beispiel bei der Pluralbildung),
  2. wenn es leicht zu verwechselnde Wortpaare gibt (effektiv – effizient).

Verwende anschauliche und konkrete Wörter!

Ersetze abstrakte Wörter durch anschauliche Begriffe! Gib Beispiele!

  • Margarete ist sich bezüglich ihrer unmittelbar anstehenden Entscheidung unschlüssig > Margarete weiß nicht, was sie nun tun soll
  • Nach Hallers Empfindung verfügt er über zwei Seelenanteile in einer Konfliktlage > Haller spürt zwei widerstreitende Kräfte in sich: …
  • Oft kommt es an der Schule zu Betrügereien. > Betrogen wird an der Schule oft, der eine linst ins Blatt des Nachbarn, der andere hat den Ordner unterm Tisch.

Vermeide diskriminierende Begriffe!

Vermeide Begriffe, deren Konnotation (Mitbedeutung) …

  1. rassistisch ist (Zigeuner, Neger, Schlitzaugen),
  2. an die Kolonialzeit erinnert (wie bei den Hottentotten),
  3. sexistisch ist (Schlampe, Putzfrau),
  4. ans Dritte Reich erinnert (bis zur Vergasung),
  5. Menschen mit einer Behinderung herabsetzt (die Behinderten).

Ersetze Wortschablonen!

Vermeide Wortschablonen, also stereotype Wendungen:

  1. Adjektive: innovativ, nachhaltig, …
  2. Verben: unterstützen (z. B. bei Stilmitteln), ausdiskutieren, thematisieren, verbalisieren, problematisieren (z. B. in der Texterörterung)
  3. Substantive: Thematik, Relevanz, Diskurs, Problematik
  4. Wortverbinnungen: intensive Beschäftigung mit, akutes Problem …
  5. Formeln: die Spitze des Eisbergs, am Ball bleiben, einen hohen Stellenwert haben…

Vermeide Anglizismen!

Vermeide englische Modewörter und Konstruktionen, die dem Englischen abgeschaut sind:

  • Es macht keinen Sinn. > Es ist nicht sinnvoll.
  • Er ist geschockt. > Er ist schockiert.
  • Am Ende des Tages ist Faust keineswegs glücklich. > Letztlich …

Vermeide Abkürzungen!

Vermeide Abkürzungen, die nicht zwingend erforderlich sind!

  • Martenstein verwendet auch Angstargumente, z. B. … > Martenstein verwendet auch Angstargumente, zum Beispiel / beispielsweise / etwa

Schreibe Zahlen aus!

Zahlen solltest du ausschreiben. Das gilt nicht für:

  • sehr große Zahlen, deren Schreibung unnötig lang wäre, wie 1.564.678,
  • Dezimalzahlen wie 1,7 oder 22,94,
  • Zahlen mit Maßangaben wie 5°,
  • Prozentangaben wie 67%.

Ersetze aufgeblasene Wörter durch einfache Wörter!

Verwende einfache Wörter, nicht ihre schwierigen Erweiterungen:

  • Thematik > Thema
  • Problematik > Problem
  • im Bildungsbereich > in der Bildung

Teile allzu lange Komposita!

Wenn zusammengesetzte Hauptwörter zu lang werden, teile sie auf!

  • Schülermitverwaltungsgremien > Schülermitverwaltungs-Gremien
  • Hauptwortzusammensetzungssucht > die Sucht, Hauptwörter zusammenzusetzen
  • Rechtschreibkompetenzraster > einKompetenzraster zur Rechtschreibung

Verzichte auf die Substantivierung der Verben!

Wer auf das Substantivieren verzichtet, befreit sich zudem von der Gefahr, das neu entstandene Hauptwort klein zu schreiben.

  • Das Bürgerlichsein bereitet Haller Schwierigkeiten. > Haller will kein Bürger sein.
  • Beim Punschtrinken verlieren die Herren die Besinnung. > Die Herren trinken Punsch und verlieren die Besinnung.

Gehe sparsam mit Adjektiven um!

Adjektive tragen oft dazu bei, dem Text Farbe zu verleihen. Sie sind unverzichtbar,

  • wenn sie das Hauptwort näher bestimmen (der bilinguale Zug);
  • wenn sie Kontraste ermöglichen (die kleinen Schüler sitzen vorne, die großen hinten);
  • wenn sie Wertungen und Stimmungen ausdrücken (die überaus zähe Mathestunde).

Verwende aber nicht mehr als ein Adjektiv im Satz!

Verwende Adverbien nicht als Adjektive!

Verwende Adverbien nicht als Adjektive!

  • die schrittweise Veränderung Hallers
  • die ziemliche Verbürgerlichung des Anselmus
  • der geradezu Zwiespalt Fausts

Vermeide Partizipien!

Partizipien können oft durch Adjektive ersetzt oder umschrieben werden:

  • Die von Faust verführte Margarete > Margarete, die von Faust verführt wurde, …
  • Der verbürgerlichte Konrektor > der Konrektor, inzwischen bürgerlich, …
  • Der die Manuskripte abschreibende Anselmus > Während Anselmus die Manuskripte überträgt, …
  • Hallers sich in die Länge ziehender Spaziergang > Hallers langer Spaziergang

Verzichte auf Füllsel und Verlegenheitswörter!

Verzichte auf Füllwörter wie:

  • irgendwie
  • quasi
  • eventuell
  • sozusagen
  • praktisch
  • zweifelsohne
  • nichtsdestotrotz
  • letztendlich

Vermeide Doppelsinn!

Vermeide Doppelsinn in Wendungen wie:

  • persönliche Anwesenheit > Anwesenheit
  • erste Priorität > Priorität
  • Rückerstattung > Erstattung
  • Eigeninitiative > Initiative
  • Zukunftsprognose > Prognose
  • Herabminderung > Minderung
  • Kontrovers diskutieren > diskutieren
  • Vorprogrammiert > programmiert
  • Zusammenaddieren > zusammenzählen, addieren
  • weiter fortfahren > fortfahren
  • fortentwickeln > entwickeln
  • neu renoviert > renoviert
  • Es kannmöglichsein > Es ist möglich, es kann sein

Fasse dich kurz!

Lass alles weg, was unnötig ist:

  • Ich würde sagen wollen, dass Martenstein recht hat. > Martenstein hat recht.
  • Ich bin der Auffassung, dass das Gedicht im Grunde zeigt, wie schön das Reisen manchmal sein kann. > Das Gedicht zeigt, wie schön das Reisen sein kann.

Spare unnötige Silben ein:

  • Die Gefährdungslage ist feststellbar > Die Gefahr steht fest
  • Die Zwiegespaltenheit Faust > Fausts Zwiespalt
  • Die Sehnsüchtigkeit des Sprechers > die Sehnsucht des Sprechers

Vermeide falsche Superlative!

Vermeide unnötige oder falsche Superlative wie:

  • Der einzigste Grund > der einzige Grund
  • In keinster Weise > in keiner Weise
  • Das optimalste Verfahren > das optimale Verfahren
  • Das minimalste Ergebnis > das minimale Ergebnis
  • Die verschiedensten Textsorten > die verschiedenen Textsorten

Vermeide die Umgangssprache!

Vermeide umgangssprachliche Wendungen:

  • Das Gedicht wirkt total witzig.
  • Der Text ist ein Stück weit komisch.
  • Faust ist Gretchens Schicksal egal.
  • Am Ende kriegt Mephisto nicht, was er will.
  • Der Autor bringt diesen Punkt überzeugend rüber.
  • Die Position des Autors ist wirklich krass.
  • In der Vergangenheit hat sich Haller mal versucht, Selbstmord zu begehen.
  • Faust ist so was wie Gelehrter.

Vermeide falsche Worttrennungen!

Vermeide falsche Worttrennungen;

  • Faust weiß, auf was (> worauf) es Mephisto abgesehen hat.
  • Man merkt rasch, mit was (> womit) sich Haller beschäftigt.
  • Der Archivarius verrät nicht, über was (> worüber) er nachdenkt.

Verwende anschauliche Verben!

Vermeide blasse Wendungen zugunsten anschaulicher Verben:

  • Das Geräusch des Wassers ist laut. > Das Wasser tost / donnert / rauscht …
  • Nach Martensteins Aussage > Martenstein unterstellt / betont / bezweifelt …

Vermeide den Nominalstil!

Prüfe, wo es zu einer Häufung der die Verständlichkeit vermindernder Hauptwörter kommt (wo sich Hauptwörter häufen und der Text unverständlich wird). Verwende stattdessen Verben!

  • Es kommt zu einer Verabredung Hallers mit Hermine. > Haller verabredet sich mit Hermine.
  • Faust legt kein Bekenntnis zu seiner Religiosität ab- > Faust bekennt seinen Glauben nicht.
  • Martenstein stelltin Abrede > Martenstein bezweifelt

Verwende das Passiv sparsam!

Verwende das Passiv nur, wo du es wirklich brauchst, etwa

  • wenn du einen Täter (oder die Ursache eines Geschehens) verschweigen möchtest,
  • wenn du gar nicht weißt, wer gehandelt hat,
  • wenn das Opfer im Vordergrund steht oder das jeweilige Geschehen,
  • wenn du Distanz herstellen möchtest, wenn du förmlich und amtlich klingen willst.

Brauchst du das Passiv nicht, ersetze es durch das Aktiv:

  • Der Mord an Hermine wird von Haller verübt, weil … > Haller tötet Hermine, weil …
  • In Martensteins Text wird behauptet … > Martenstein behauptet

Verwende einfach Relativpronomen!

Verwende im Relativsatz „das“, „der“ und „die“! Wenn ein gleichtautender Artikel folgt, verwende „welches“, „welcher“, „welche“!

  • Faust, welcher sich seines Fehlers bewusst wird, … > Faust, der sich seines Fehlers bewusst wird, …
  • Hermine, die die Führung übernimmt, .. > Hermine, welche die Führung übernimmt, …

Vermeide schiefe Metaphern!

Verwende Metaphern sparsam! Wenn du sie verwendest, überprüfe, ob das Bild in den Kontext passt!

  • Mit einer Mauer von Belegen eröffnet Martenstein seine Argumentation.

Besondere Hinweise

Die Einführung des Themas

Vermeide falsche Wendungen, wenn du das Thema einführst:

  • Martensteins Kolumne ist über / handelt von > befasst sich mit / behandelt / legt dar
  • Treichels „Der Verlorene“ geht über / geht um / handelt um> behandelt die Geschichte eines … / handelt von …

Benennung der Textsorte

Bezeichne die Textsorte korrekt – und nenne den richtigen Titel:

  • Das Buch „Steppenwolf“ > Der Roman „Der Steppenwolf“
  • Das Reclam „Der goldene Topf“ > Die Märchennovelle „Der Goldne Topf“
  • Die Lektüre „Ein Verlorener“ > Die Erzählung „Der Verlorene“
  • Die Lyrik „Ich und du“ > Das Gedicht „Ich und du“
  • Die Kurzprosa „Das Brot“ > Die Kurzgeschichte „Das Brot“

Autorennamen und Autorinnennamen

Verwende die richtige Form:

  • Harald behauptet > (Harald) Martenstein behauptet
  • Der Journalist Martenstein unterstreicht > Martenstein unterstreicht
  • Der Schreiber betont > Der Verfasser betont

Namen literarischer Figuren

Verwende die richtige Form:

  • Der Steppenwolf sagt > (Harry) Haller sagt
  • Gretchen denkt > Margarete denkt
  • Der Teufel Mephisto weiß > Mephistopheles weiß

Poetische Analyse

Auch bei der poetischen Analyse (eines Teils der Gedichtinterpretation) kommt es zu Fehlern, die man vermeiden kann:

  • Das Gedicht besitzt zwei Strophen. > Das zweistrophige Gedicht ... / Das Gedicht besteht aus zwei Strophen.
  • Die erste Strophe hat zwei Reimpaare. > Die beiden Reimpaare gliedern die erste Strophe in zwei Sinneinheiten.
  • Der Jambus zieht sich durch das ganze Gedicht. > Das Gedicht ist jambisch. / Das Versmaß des Gedichts ist der Jambus.
  • In der ersten Strophe benutzt das lyrische Ich einen Kreuzreim. > Die erste Strophe reimt überkreuz. / Das Reimschema der ersten Strophe ist ein Kreuzreim.
  • In der zweiten Strophe gibt es viele Pausen, wodurch das Gedicht ruhiger wirkt. > In der zweiten Strophe häufen sich Pausen und schaffen Ruhe.
  • In der ersten Zeile ist ein Zeilensprung in die zweite Zeile. > Der Zeilensprung führt den Satz über die Zeilengrenze weiter.
  • Das Gedicht ist im lyrischen Ich > Im Gedicht spricht ein lyrisches Ich.
  • Im dritten Vers kommt eine Alliteration zum Vorschein. > Die Alliteration (Z. 3) verknüpft die beiden Begriffe …

Wirkung der Stilfiguren

Vermeide blasse Verben. Sage stattdessen, was die Stilfigur bewirkt.

  • Die Anapher verstärkt die Eindrücklichkeit der beiden Verse. > Die Anapher verbindet die beiden Verse und hebt den Begriff „Mund“ hervor.
  • Die Metapher der Rose unterstreicht den Sinn des Gesagten. > Die Metapher der verwelkenden Rose veranschaulicht die Schönheit und Flüchtigkeit des Glücks.
  • Der Parallelismus unterstützt die Wirkung des Satzes. > Der Parallelismus ordnet beide Satzteile einander zu und macht sie vergleichbar.

Belegen

Verzichte auf Stellenangaben im Fließtext!

  • In Zeile 1 wird eine Metapher eingesetzt > Das Gedicht beginnt mit der Metapher der „verwelkten Rose“ (Z. 1)

Interpretieren

Verwende die richtigen Wendungen für deine Deutung;

  • Das lässt darauf hindeuten > Das deutet darauf hin, dass

Phrasen am Schluss

Vermeide Phrasendrescherei. Besonders unbeliebt sind bei Lehrern:

  1. in der Erörterung: Das muss jeder selbst entscheiden.
  2. In der Prosainterpretation: Damit bestätigt sich meine Deutungshypothese.
  3. in der Textanalyse: Der Text regt zum Nachdenken an.
  4. in der Gedichtinterpretation: Das Gedicht ist aus meiner Sicht besonders gelungen.