Lee Strasberg und „The Method“

Warum sollte man sich mit Lee Strasberg befassen? Lee Strasberg ist besonders aus vier Gründen wichtig:

  • Als Wegbereiter der Stanislawski-Methode im Westen;
  • Als Entwickler des Method Acting;
  • Als Leiter des „Actor’s Studio“ und als Gründer des noch bestehenden „Lee Strasberg Institute“;
  • Als Lehrer und Trainer bekannter Schauspieler, darunter James Dean, Marlon Brando, Rod Steiger, Dustin Hoffman, Paul Newman, Harvey Keitel, Robert De Niro, Dennis Hopper und Al Pacino.

Strasbergs Einflüsse

  • Shakespeare, bei dem er die Passung von Wort und Gebärde hervorhebt;
  • Das Körpertheater der Commedia dell’arte;
  • David Garrick, der sein Rollenspiel durch Beobachtung vervollkommnet habe;
  • Denis Diderot und dessen Tractat sur le comédien;
  • Das Mannheimer Nationaltheater unter der Intendanz Dalbergs, an dem ein Schauspielkollektiv Fragen der Schauspieltheorie diskutiert;
  • Stanislawskis

Strasbergs Schauspiellehre

Strasberg betont,

  • dass die Regie von konkreten Hinweisen zu Gestik und Mimik absehen solle;
  • dass ein Schauspieltraining nicht auf konventionalisierte Gesten setzen dürfe;
  • dass die Eigeninitiative des Schauspielers gestärkt werden müsse;
  • dass es wichtig sei, die Spannung zu lösen, die sich aus der Künstlichkeit der Szene ergebe;
  • dass der Schauspieler natürlich wirke, wenn er auf der Bühne denke;
  • er könne dazu sein Sinnesgedächtnis nutzen (sense memory);
  • oder sein emotionales Gedächtnis (affective memory);
  • auch Konzentrationsübungen empfiehlt Strasberg.
  • Ferner ist wichtig, dass der Schauspieler das über seine Rolle erlangte Wissen anwenden müsse;
  • dass für die Körperarbeit eine Kombination von Gymnastik, Akrobatik, Tanz und Fechtkunst sinnvoll sei.

Übungen

  • Gang: Die Teilnehmer werden aufgefordert, im Raum herumzugehen. Dann sollen sie an den gestrigen oder morgigen Tag denken. Ihr Gehen verändert sich.
  • Imaginäre Objekte: Die Teilnehmer spielen das Trinken aus einer imaginären Tasse, ziehen imaginäre Strümpfe an, hören eine imaginäre Melodie, beißen in eine imaginäre Zitrone. Wichtig sind vor allen Tastsinn und Gewicht.
  • Sinnesschärfung: Man betrachtet drei Minuten lang eine Streichholzschachtel. Dann beschreibt man sie und vergleicht die Beschreibung mit dem Vorbild.
  • Schauspielen schauspielern: Zunächst sollen die Schauspieler ohne weitere Anweisungen eine Szene spielen. Dann spielen sie zwei Schauspieler, die versuchen, eine Szene zu entwerfen.
  • Konzentration: Ein Teilnehmer betrachtet ein Objekt, die anderen versuchen ihn abzulenken.
  • Gruppe: Eine Gruppenaufgabe wird vergeben, die in einer imaginären Umgebung gelöst werden soll. Jedes Gruppenmitglied hat ein besonderes Handicap.
  • Emotional Replay: Zwei Schauspieler werden ausgewählt. Der eine geht einer Haushaltstätigkeit nach. Der andere spricht die Worte „Hallo, du bist ja zu Hause. Willst du etwas unternehmen?“. Nun werden nacheinander die Parameter verändert: Was vorher geschehen ist, der Beziehungsstatus de Figuren.
  • Entspannung: Der Schauspieler setzt sich auf einen Stuhl, in einer Pose, in der er einschlafen könnte. Beim allmählichen Entspannen der Körperpartien ist es wichtig, auf die Schläfen, die Nasenwurzel und die Kiefermuskulatur zu achten.
  • Gesangsübung: Ein Schauspieler stellt sich vor dem Ensemble ruhig hin und stimmt ein Lied an.
  • Tanz-Übung: Jeder Schauspieler darf ein Musikstück mitbringen, das ihn ergreift. Dazu tanzt er.
  • Tier-Übung: Die Teilnehmer beobachten ein Tier, dessen Bewegungen im Umraum sie nacherleben.

Lee Strasberg: Biographie

1901

17.11.: Lee Strasberg kommt als Israel Strasberg in Budzanow (Ukraine) als Sohn von Baruch Meyer Strasberg und Ida Strasberg zur Welt.

1909

Lee Strasberg wandert mit seiner Mutter nach Amerika aus. Strasberg lebt auf der Lower East Side, einem von New Yorks Problemviertelm, Seine erste Rolle spielt er in „Dos Glick in Winkel“ von Arthur Schnitzler.

1915

Mit dem Ensemble des „Progressiv Dramatic Club“ spielt er unter Jacob Ben-Ami einen jungen Mann in einem jiddischen Einakter von J. L. Peretz.

1918

Strasberg muss die Schule verlassen und in einer Zwischenhandelsfirma für Echthaar sein Geld verdienen.

1921

Strasberg tritt dem Theaterclub des „Chrystie Street Settlement House“ bei.

1922

Strasbergs Familie zieht um in die Bronx.

1923

Strasberg sieht Gastspiele Eleonore Duses und das Moskauer Künstlertheater Konstantin Stanislawskis. Ference Molnars Liliom am Westport Country Playhouse ist seine erste Regiearbeit. Drei Monate lang besucht er die „Clare Tree Major School of the Theatre“.

1924

3.1.: Strasberg wird an Richard Boleslawskis „American Laboratory Theatre“ (ALT) aufgenommen und hat dort Unterricht bei Maria Uspenskaja. Strasberg wird außerdem Inspizient an der „Theatre Guild“ (TG).

1925

Strasberg debütiert als Erster Soldat in John Howard Lawsons „Processional“.

1927

Strasberg versucht sich erfolglos an der Gründung eines Theaters.

1929

Strasbergs erste Produktion, „The Vegetable“ von Francis Scott Fitzgerald, ist recht erfolgeich.

1931

Cheryl Crawford, Harold Clurman und Lee Strasberg gründen mit dem „Group Theatre New York“ das erste Kollektivtheater der USA. Beim Training des Ensembles setzt Strasberg vor allem aus Stanislawski.

1933

Mit Sidney Kingsleys „Men in White” gelingt Strasberg sein erster großer Bühnenerfolg.

1934

Bei einer Moskaureise macht sich Strasberg mit der Methodik Wachtangows und Meyerholds vertraut.

1936

Strasberg lernt Erwin Piscator kennen, mit dem er gemeinsam inszeniert.

1937

Strasberg und Cheryl Crawford ziehen sich aus den „Group Theatre“ zurück.

1943

Nach einigen Misserfolgen in New York lässt sich Strasberg in Los Angeles nieder, wo er als Filmregisseur und Schauspiellehrer tätig ist.

1947

Strasberg ist zurück in New York und verfasst eine Einleitung zu Coles „Acting: A Handbook oft he Stanislwsky Method“.

1949

Elia Kazan lädt Strasberg ans „Actor’s Studio” ein, wo er als Schauspieltrainer wirkt.

1951

Strasberg inszeniert Ibsens „Peer Gynt“ und wird zum künstlerischen Leiter des „Actor’s Studio“ berufen. Hier entwickelt er „The Method“.

1958

In Harvard spricht Strasberg über die Geschichte der „Methode“.

1961

Strasberg beobachtet in Ostberlin Brechts Inszenierung des „Galilei“.

1963

Strasberg gibt „Famous American Plays of the 1950’s” heraus.

1965

Robert Hethmons Bearbeitung der Tonbandprotokolle aus dem „Actor’s Studio“ erscheint in New York.

1967

Strasberg hält in Paris Vorlesungen über Stanislawski.

1969

In New York gründet Strasberg das „Lee Stasberg Institute of Theatre“.

1974

Strasberg spielt im zweiten Teil von F. F. Coppolas „The Godfather” den Gangster Hyman Roth.

1978

9.-22.1.: Auf Einladung von Claus Peymann hält Strasberg ein Schauspielseminar in Bochum.

1979

4.5.: Strasberg hält in Ostberlin einen Vortrag über „Die Arbeit des Schauspielers“.

1982

17.2.: Lee Strasberg stirbt mit 81 an einem Herzinfarkt.

1987

Evangeline Morphos gibt Strasbergs unvollendetes Buch „A Dream of Passion“ heraus.

Bibliographie

  • Strasberg, Lee: Acting. In: Encyclopaedia Britannica: 1974, I, S. 58
  • Strasberg, Lee: Working with Live Material. An Interview with Lee Strasberg. In: Tulane Drama Review, 9/1, 1964; S. 17 ff.
  • Wermelskirch, Wolfgang: Lee Strasberg, Schauspielen und das Training des Schauspielers. Berlin: Alexander, 2017, 10. Aufl.
  • Cohen, Lola / Strasberg, Lee: The Lee Strasberg Notes. New York: Routledge, 2010
  • Schauspielkunst in Theater und Film: Strasberg, Brecht, Stanislawski. Blank, Richard. Berlin: Alexander-Verl., 2001
  • Strasberg, Lee: A Dream of Passion: The Development of the Method. London: Bloomsbury, 1988