Chronik der interkulturellen deutschen Literatur bis ins Jahr 2000

Hinweise: 1. Berücksichtigt wurde auch die russland-, ungarn- und rumäniendeutsche Literatur, weil sie von der jahrhundertelangen Entwicklung in mehrheitlich anderssprachiger Umgebung geprägt ist. 2. Von den Autoren wurde in der Regel nur ein Werk (zumeist das erste oder das wichtigste) berücksichtigt. 3. Angesichts der Fülle und Vielfalt der interkulturellen Literatur in Deutschland konnten nicht alle wichtigen Vertreter und Institutionen berücksichtigt werden.

1796 Die Familie Adelbert von Chamissos aus Châlons-en-Champagne lässt sich auf der Flucht vor der Revolution in Berlin nieder.
1930 In Berlin wird das „Ibero-Amerikanische Institut“ gegründet.
1944 Die rumäniendeutschen Autoren Hans Diplich, Karl Kurt und Otto Folbert verlassen Rumänien. --- Otto Alscher stirbt im rumänischen Internierungslager Tîrgu Jiu.
1945 Die russlanddeutsche Autorin Nelly Däs flieht über den Warthegau nach Westdeutschland. --- Der rumäniendeutsche Lyriker und Essayist Georg Maurer kehrt aus russischer Kriegsgefangenschaft in die SBZ zurück.
1947 Paul Celan flieht aus Bukarest nach Wien.
1948 Der rumäniendeutsche Autor Walter Cisek wird als Spion interniert, ebenso Wolf von Aichelburg.
1949 Der rumäniendeutsche Schriftstellerband ruft das Journal „Neue Literatur“ ins Leben.
1951 Heinrich Zillich beginnt in München mit der Herausgabe der „Südostdeutschen Vierteljahresblätter“. --- Zehntausende Bewohner des Banat, darunter auch zahlreiche rumäniendeutsche Autoren, werden in den Baragan umgesiedelt.
1955 Die BRD schließt mit Italien Anwerbevereinbarungen ab.
1958 Der Literaturkritiker und spätere Leiter des „Literarischen Quartetts“, Marcel Reich-Ranicki, siedelt aus Polen nach Westdeutschland über.
1959 Unter denkwürdigen Umständen werden rumäniendeutsche Intellektuelle (Andreas Birkner, Wolf von Aichelburg, Georg Scherg, Hans Bergel und Harald Siegmund im „Kronstädter Prozeß“ zu hohen Haftstrafen verurteilt.
1960 Westdeutschland wirbt Arbeitskräfte in Griechenland und Spanien an. --- In der Sowjetunion erscheint als erstes russlanddeutsches Buch nach dem Krieg Anna Gaus‘ Sammelband „Hand in Hand“.
1961 Türkische Arbeitskräfte werden vom deutschen Staat im Herkunftsland angeworben. --- Moses Rosenkranz flüchtet aus Rumänien in die BRD.
1963 Marokkanische Arbeitskräfte gelangen im Zuge einer Anwerbevereinbarung nach Deutschland.
1964 Portugal und Deutschland unterzeichnen ein Anwerbeabkommen. --- Türkische Arbeitnehmer dürfen als Folge von Nachverhandlungen mit der Türkei länger als zwei Jahre im Land bleiben. --- Armando Rodrigues de Sá wird als „millionster Gastarbeiter“ in Deutschland ausgezeichnet. --- In Bochum beginnt die „Vereinigung der Deutsch-Griechischen Gesellschaften e. V.“ mit der Herausgabe des Jahrbuchs „Hellenika“.
1965 Tunesier werden von der Bundesrepublik als Arbeitskräfte angeworben. --- Das Ausländergesetz von 1938 wird novelliert: Nicht die „Würdigkeit“ des Ausländers entscheidet über die Aufenthaltsdauer, sondern „öffentliche Belange“. --- In Hannover wird das spanische „Teatro popular“ gegründet.
1966 Franz Josef Degenhardt schreibt mit „Tonio Schiavo“ eines der ersten Gastarbeiterlieder.
1967 Der spanische Autor Patricio Chamizo veröffentlicht seinen zunächst als Drama konzipierten Gastarbeiterroman „En un lugar de Alemania“.
1968 Jugoslawien und die BRD beschließen ein Anwerbeabkommen. --- In der EWG wird die Freizügigkeit eingeführt. --- Der slowakische Autor Ladislav Mnacko emigriert nach der Zerschlagung des Prager Frühlings nach Österreich, ebenso der polnische Autor Gabriel Laub aus Krakau. --- Oskar Pastior flieht bei einem Studienaufenthalt in Wien in den Westen.
1969 In Ebrahim Hussains Stück „Kinjeketile“, uraufgeführt in Dar es-Salaam wird eine Episode des des Maji-Maji-Aufstands gegen die deutsche Kolonialtruppen untersucht. --- Der gebürtige Marokkaner Mustapha El Hajaj veröffentlicht „Vom Affen, der ein Visum braucht“. --- Dieter Schlesak kehrt er von einer Reise in die BRD nicht mehr nach Rumänien zurück.
1971 Ausländische Arbeitnehmer in der BRD erhalten nach fünf Jahren rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts die Freigabe zur Verlängerung. --- In Deutschland erscheint die erste Ausgabe der türkischen Tageszeitung „Hürriyet“. --- Die Prager Autorin Libuše Moníková lässt sich in Berlin nieder. --- Der rumäniendeutsche Autor Walter Myß gründet den „Wort und Welt Verlag“.
1972 Der Deutsche Spanischlehrerverband beginnt mit der Herausgabe der Zeitschrift „Hispanorama“. --- Die türkische Tageszeitung „Milliyet“ erscheint erstmals in der BRD. --- In Timi?oara gründen rumäniendeutsche Studierende die „Aktionsgruppe Banat“. --- Der rumäniendeutsche Autor Paul Schuster siedelt in die BRD über.
1973 Die Bundesregierung ruft das „Aktionsprogramm für Ausländerbeschäftigung“ ins Leben. --- 23.11. Die BRD verordnet einen Anwerbestopp für Gastarbeiter. --- Rund vier Millionen Gastarbeiter und Angehörige leben in der Bundesrepublik. --- Nach dem Staatsstreich gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende lassen sich Antonio Skármeta, Carlos Cerda und Omar Saavedra Santis in Deutschland nieder.
1974 Auf Anregung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Bundesanstalt für Arbeit wird der „Sprachverband – Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e. V.“ gegründet. --- Der aus dem Libanon stammende Jusuf Naoum debütiert mit dem Erzählband „Der rote Hahn“. --- Der peruanische Literaturkritiker Miguel Valle lässt sich in Deutschland nieder. --- Der Tscheche Ota Filip wird in die BRD ausgebürgert. --- Der Germanist Alexander Ritter gibt in seiner Anthologie „Nachrichten aus Kasachstan“ russlanddeutschen Autoren ein Forum. --- Die Mennonitenplatt sprechende Autorin Lore Reimer reist aus Kasachstan aus.
1975 Zur Entlastung von Städten mit hohem Einwandereranteil wird eine Regionalsteuerung eingeführt. --- Ebrahim Hussein promoviert an der Humboldt-Universität mit einer Dissertation unter dem Titel „On the Development oft he Theater in East Africa“. --- In Stuttgart wird der türkische „Ararat Verlag“ gegründet.
1976 Die Perunaner Melacio Castro Mendoza und Antonio Candela lassen sich in der BRD nieder, ihr Landsmann José Pablo Quevedo geht in die DDR.
1977 Der Spanier Nono Carrillo gründet in Hamburg das Kulturforum „El Butacón“. --- Der Satiriker Alexander Sinowjew aus Russland wird in die BRD ausgebürgert. --- Mirna Jovalekic veröffentlicht ihren ersten Gedichtband „Ein Mandelbaum im Weltall“.
1978 Das Amt des „Ausländerbeauftragten der Bundesregierung“ wird geschaffen und mit Heinz Kühn besetzt. --- Hisako Matsubara veröffentlicht ihren Roman „Brokatrausch“. --- Sergio Villarroel aus Chile gründet in Berlin die Kulturgruppe „Centro Literario-Artístico Latinoamericano“. --- Aus politischen Gründen emigrieren due Chilenin Isabel Lipthay und die Argentinierin Esther Andradi in die BRD. --- In einen Nachtragsband zur „Kratkaja literaturnaja enciklopedija“ wird ein Artikel zur sowjetdeutschen Literatur aufgenommen. --- In Frankfurt a. M. wird das „Teatro Siciliano“ gegründet. --- Vera Kamenko veröffentlicht ihren Roman „Unter uns war Krieg – Autobiographie einer jugoslawischen Arbeiterin“. --- Zvonko Stjepan Plepelic publiziert seinen Lyrikband „Jedem das Seine oder auch nicht“.
1979 Am 28.6. tritt in der DDR das „Gesetz über die Gewährung des Aufenthaltes für Ausländer in der Deutschen Demokratischen Republik“ in Kraft. --- Das Kühn-Memorandum postuliert eine Anerkennung der BRD als Einwanderungsland. --- Efraim Sevela veröffentlicht seinen satirischen Roman „Moische, geh du voran“. – Der russlanddeutsche Autor Waldemar Herrmann lässt sich in Deutschland nieder.
1980 In Berlin findet das desaströs verlaufende „Deutsch-türkische Autorentreffen 1980“ statt. --- In Frankfurt wird der „Polynationale Literatur- und Kunstverein (PoLiKunst)“ gegründet. --- Der russische Satiriker Wladimir Wojnowitsch wird in die BRD ausgebürgert, im selben Jahr lassen sich der russische Germanist Lew Kopelew und seine Frau Raissa Orlowa-Kopelew in Köln nieder. --- In Darmstadt gründet Karl Dedecius das „Deutsche Polen-Institut“. --- Das türkische Ensemble der Berliner Schaubühne feiert mit „Wer geht kehrt nicht so schnell zurück“. --- Vasif Öngören gründet im Berliner Exil die „Kollektiv-Theater GmbH“. --- Franco Biondi gibt mit „Im neuen Land“ den ersten Band der Reihe „Südwind-gastarbeiterdeutsch“ heraus. --- Yüksel Pazarkaya gründet die türkische Zeitschrift „Anadil“.
1981 Deutschland begrenzt die Nachzugsmöglichkeit für Nicht-EG-Mitgliedstaaten. --- Galsan Tschinag veröffentlicht seinen Roman „Eine tuwinische Geschichte“. --- In München lassen sich Hernán Quintana aus Ecuador und die Kolumbianerin Gloria Serpa-Kolbe nieder. --- Hugo Wormsbecher betreut die Herausgabe des sowjetdeutschen Literaturalmanachs „Heimatliche Weiten“. --- In Alma-Ata erscheint die erste dreibändige „Anthologie der sowjetdeutschen Literatur“, herausgegeben von Ernst Kontschak, Rudolf Jacquemien und Konstantin Ehrlich. --- Der russlanddeutsche Autor Johann Warkentin siedelt nach Berlin über, ebenso Klaus Hensel aus Kronstadt in Rumänien. --- Der russische Emigrant Boris Schapiro veröffentlicht seine Lyrikband „Metamorphosenkorn“. --- Herta Müllers „Das schwäbische Bad“ löst unter den Autoren des Banat einen regionalen Literaturstreit aus. --- Junge italienische Theatermacher gründen die Theatergruppe „I Macap“. --- In Mühlheim a. d. Ruhr wird das „Theater Mühlheim an der Ruhr“ gegründet, das auch fremd- und mehrsprachigen Aufführungen ein Forum bietet. --- In Frankfurt a. M. wird der serbokroatische Autorenverein „Radnik pesnik u tudini“ gegründet. --- Necati Mert gründet als verantwortlicher Redakteur die Zeitschrift „Die Brücke. Forum für antirassistische Politik und Kultur“.
1982 Die Anthologie „Als Fremder in Deutschland“, herausgegeben von Irmgard Ackermann, erscheint. --- Der Honduraner Juan de Dios Pineda Zaldívar lässt sich nach einem theaterwissenschaftlichen Studium in Kolumbien in der BRD nieder. --- Lothar Grünewald und Marijke Lanius veröffentlichen den Sammelband „Zehn sowjetdeutsche Erzähler“. --- Werner Söllner siedelt aus Rumänien in die BRD über. --- Irena Vrkljan veröffentlicht ihren ersten deutschsprachigen Roman, „Tochter zwischen Süd und West“. --- In Köln wird der griechische „Romiosini Verlag“ gegründet. --- In Frankfurt a. M. und Zagreb erscheint die jugoslawische Literaturzeitschrift „Vjesnik“. --- Der Journalist und literarische Übersetzer Yildirim Dagyeli gründet in Frankfurt a. M. den J&D Dagyeli Verlag (heute: Berlin-Neukölln), dessen Verlagsprogramm hauptsächlich die Literatur der Turkvölker umfasst.
1983 Am 28.11. tritt das Rückkehrhilfegesetz (RückHG) in Kraft, mit dem der Wegzug von arbeitslosen Ausländern aus der Bundesrepublik gefördert werden soll. --- Der Sammelband „In zwei Sprachen leben“ wird herausgegeben. --- Veena Kade-Luthra veröffentlicht ihre dokumentarische Studie „Phoolan Devi. Die Legende einer indischen Banditin“. --- Der in Togo gebürtige Autor El Loko veröffentlicht seinen Lyrikband „Mawuena“. --- Boris Chasanow gibt in München die russischsprachige Zeitschrift „Strana i mir“ heraus. --- Der über Kanada nach Deutschland gelangte Exilautor Jirí Gruša aus der Tschechoslowakei wird deutscher Staatsbürger. --- Der „Stuttgarter Theatersommer“ widmet sich „Theater und Kultur der Gastarbeiter der Bundesrepublik Deutschland“. --- Exilschauspieler gründen in Kiel das „Polnische Theater“. --- Sinasi Dikmen debütiert mit dem Satirenband „Wir werden das Knoblauchkind schon schaukeln“. --- In Baden (Schweiz) wird die Zeitschrift „Peregrinação: Revista das Artes e Letras da Diaspora Portuguesa“ gegründet.
1984 Die afroamerikanische Feministin und Autorin Audre Lorde regt mit einem Workshop in Berlin eine Initiative afrodeutscher Autoren in Deutschland an. --- Gisela Fremgen dokumentiert die Schicksale afrodeutscher Frauen in ihrem Sammelband „Und wenn du dazu noch schwarz bist: Berichte schwarzer Frauen in der Bundesrepublik“. --- In München wird das „Centro Cultural Latinoamericano“ gegründet, das ebenfalls seit 1984 die Zeitschrift „Boletín“ herausgibt. --- Der guatemaltekische Autor und Psychologe Raúl de la Horra kommt in die BRD, wo er zunächst in Leipzig, später in München wirkt. --- Der rumäniendeutsche Kulturfunktionär Nikolaus Berwanger aus dem Banat siedelt in die BRD über. --- In Frankfurt a. M. findet das „1. Europäische Theaterfestival der Arbeitsmigranten“ statt.
1985 In Essen wird das „Zentrum für Türkeistudien“ eingerichtet. --- In München wird die lateinamerikanische Buchhandlung „La Botica“ gegründet. --- Aras Ören erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Der rumäniendeutsche Autor Rolf Bossert siedelt in die BRD über; im Jahr darauf begeht er Suizid. --- Sinasi Dikmen und Muhsin Omurca das Kabarett „Knobi-Bonbon“ (bis 1997). --- Der Kabarettist Sedat Pamuk debütiert in Schwäbisch Gmünd mit „Wird Ayse in die Schule gehen?“. --- Yabancilar Sorunu gründet in Frankfurt a. M. die Zeitschrift „Forum. Zeitschrift für Ausländerfragen und –kultur“. --- Günter Wallraff veröffentlicht seine kritische Dokumentation „Ganz unten“.
1986 In München wird der „Dükkan Kulturladen e. V.“ gegründet; Ziel ist die Förderung deutsch-türkischer Kulturkontakte. --- Der Sammelband „Farbe bekennen – Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte“ zeigt die Auseinandersetzung afrodeutscher Frauen mit ihrer Biographie. --- Der Kolumbianer Luis Fayad erhält ein DAAD-Stipendium und lässt sich der BRD nieder. --- Die peruanische Schriftstellerin Teresa Ruis Rosas lässt sich in der BRD nieder. --- Ota Filip wird mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. --- In Köln wird das „Arkadas Theater“ gegründet.
1987 Yoko Tawada verfasst „Nur da wo du bist da ist nichts“. --- Aly Diallo aus Mali erzählt in „Die Täuschung“ vom Schicksal eines zum Studium nach Hamburg gekommenen Afrikaners. --- Der Syrer Rafik Schami veröffentlich seinen Erstlingsroman „Eine Handvoll Sterne“. --- Franco Biondi und Gino Carmine Chiellino erhalten den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Fast alle Autoren der Banater Autorengruppe (Herta Müller und ihr Mann Richard Wagner, William Totok, Horst Samson, Johann Lippet und Hellmuth Frauendorfer) siedeln in die BRD über. --- In Frankfurt wird die jugoslawische Literaturwerkstatt „Jugoslovenska književna radionica“ gegründet.
1988 In Sülbeck bei Hannover wird die Buchausstellung „Buchstäblich – grenzüberschreitende Literatur“ eingerichtet. --- Der gebürtige Kameruner Jean-Féli Belinga Belinga veröffentlicht im Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission in Erlangen seinen Erzählband „Wenn die Palme die Blätter verliert“. --- Salim Alafenisch veröffentlicht seinen Märchenband „Der Weihrauchhändler“. --- Der Salvadorianer David Antonio Hernández Santos kommt in die BRD, ebenso die Kolumbianerinnen Olga Lucía Olbando Salazar und Sonia Solarte und die brasilianische Autorin Viviane de Santana Paulo. --- Der in Brasilien geschätzte Autor Zuca Sardan (d. i. Carlos Felipe Saldanha) lässt sich der BRD nieder. --- Die russlanddeutsche Autorin Lia Frank verlässt die Sowjetunion. --- Der palästinensische Jude Elazar Benyoëtz erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Der rumäniendeutsche Autor Ernest Wichner veröffentlicht den vielbeachteten Lyrikband „Steinsuppe“. --- In Hamburg wird der „Deutsch-Jugoslawische Literaturclub“ ins Leben gerufen. --- Pero Mate Anûsic veröffentlicht seinen Lyrikband „U uglu usana mojih“.
1989 In der DDR leben 94.000 Vertragsarbeitnehmer, überwiegend aus Polen, Ungarn, Mosambik, Vietnam, Angola, Kuba, Nicaragua und Jemen. --- In Frankfurt wird das „Amt für multikulturelle Angelegenheiten“ eingerichtet. ---In der ehemaligen Kongreßhalle in Berlin nimmt das „Haus der Kulturen der Welt“ seine Arbeit auf. --- Die DDR gewährt sowjetischen Juden die Aufenthaltsbewilligung. --- Die Lyrikerinnen Sui-Yun aus Peru und Irma Berenice González aus Mexiko sowie der Essayist Luis Pulido Ritter lassen sich der BRD nieder. --- Die russlanddeutsche Autorin Agnes Giesbrecht verlässt die Sowjetunion. --- Yüksel Pazarkaya erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Andrej Woron gründet in Berlin das polnische „Teatr Kreatur“. --- In Saarbrücken erscheint Džemaludin Alics Roman „Demiurg“. --- Zafer Tokan und Eva Hund gründen in Berlin den multikulturellen „Babel-Verlag“.
1990 Das neue Ausländergesetz erleichtert ausländischen Jugendlichen die Einbürgerung. --- Das Aussiedleraufnahmegesetz ermöglicht es deutschstämmigen Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, Rumänien und Ungarn, sich in Deutschland niederzulassen. --- Der Regisseur Kostas Papakostopoulos gründet in Köln das „Deutsch Griechische Theater e. V. (D. G. T.)“. Aufgeführt werden klassische griechische Dramen, auch in den Bearbeitungen Heiner Müllers. --- Maria Karavia gründet das „Griechische Theater Wuppertal“. --- Das Experimentalwerk „Georgs Versuche“ des Tschechen Jan Faktor erscheint. --- Wladimir Kaminer beantragt humanitäres Asyl in der DDR. – Györgi Dalos veröffentlicht seinen Roman „Der Versteckspieler“. --- Der Exiliraner Cyrus Atabay wird mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. --- Kostas Papakostopoulos gründet in Köln das „Deutsch Griechische Theater e. V.“. --- Srdan Keko veröffentlicht seinen Roman „Marko Anderswo. Brechungen einer Kindheit“.
1991 An der Universität Osnabrück wird das „Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien (IMIS)“ eingerichtet. --- Die gebürtige Ghanaerin Amma Darko veröffentlicht ihren autobiographisch geprägten Roman „Der verkaufte Traum: jenseits der Kornfelder“. --- Ghazi Abdel-Qadir verarbeitet in „Abdallah und ich“ seine Kindheit in Palästina. --- Die Lyrikerin Patricia Lladó aus Argentinien kommt nach Deutschland, im selben Jahr reist der Brasilianer Felipe Tadeu ein. --- Zsuzsanna Gahse veröffentlicht ihren Miniaturenband „Hundertundein Stilleben“. --- Libuše Moníková erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. ---. Das Roma-Ensemble „Theater Pralipe“ debütiert im „Theater Mühlheim an der Ruhr“ mit Lorcas „Bluthochzeit“. --- An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erscheinen die „Forschungen zur Geschichte und Kultur der Rußlanddeutschen“.
1992 Die Volkswagen-Stiftung ermöglicht das interkulturelle Forschungsprojekt „Das Fremde und das Eigene – Probleme und Möglichkeiten interkulturellen Verstehens“. --- Der Damaszener Suleman Taufiq publiziert die deutsch-arabische Novelle „Im Schatten der Gasse“. --- Adel Karasholi aus Damaskus erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Sonia Solarte gründet die Autorenvereinigung „Cantos de Flores – Blumengesänge“. --- Sergio Vesely aus Chile veröffentlicht „Im Auge des Jaguars“. --- Die „Sociedade Cultural Brasil Alemanha“ begründet das Festival „Cine Latino“ zum lateinamerikanischen Filmschaffen. --- Waldemar Webers russlanddeutscher Lyrikband „Tränen sind Linsen“ erscheint. --- Die russlanddeutsche Autorin Nora Pfeffer verlässt Kasachstan um sich in Deutschland niederzulassen. --- Der rumäniendeutsche Autor Franz Hodjak siedelt in die BRD über. --- Die Leverkusener Autorin Aleksandra Stipetic veröffentlicht ihren ersten Roman, „Die Holzschatulle“.
1993 Die Regierungsparteien und die SPD einigen sich auf die Grundsätze des „Asylkompromisses“. --- 1.7. Das Grundgesetz wird geändert: Künftig ist die BRD auf dem Landweg für Flüchtlinge kaum mehr zu erreichen. --- An der Otto-Friedrich-Universität Bamberg wird das „Europäische Forum für Migrationsstudien (EFMS)“ gegründet. --- Yoko Tawadas erstes Stück, „Die Kranichmaske, die nachts strahlt“, wird im Theater am Halleschen Ufer in Berlin uraufgeführt. --- Der Dramatiker Sénouvo Agbota Zinsou lässt sich in Bayreuth nieder. --- Die Argentinierin Dorita Puig gründet in München den Autorenverein „Autores Latinoamericanos de Múnich“. --- In Santiago de Chile erscheint Carlos Cerdas „Morir en Berlín“. --- In München wird die Zeitschrift „Info-Brasil“ gegründet. --- Der russlanddeutsche Germanist Viktor Heinz lässt das Stück „Auf den Wogen der Jahrhunderte“ drucken. --- In Almaty entsteht die russlanddeutsche Literaturzeitschrift „Feniks / Phönix“. --- Rafik Schami wird mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. --- Šimo Ešic gründet in Wuppertal den Verlag „Bambi“, aus dem späte der Exil-Verlag „Bosnisches Wort“ entsteht.
1994 An der Universität Konstanz wird das „Forschungszentrum für internationales und europäisches Ausländer- und Asylrecht (FZAA)“ gegründet. --- In München wird der Verlag Quinde gegründet, der neben den Werken lateinamerikanischer Schriftsteller auch die Zeitschrift „Colibri“ herausgibt. --- Nora Becker Alvarez aus Chile veröffentlicht ihren deutsch-spanischen Erzählband „Die Geister leben um die Ecke“. --- Der in Deutschland ansässige Brasilianer Carlos Azevedo veröffentlicht seinen Bestseller „Hamburgo Blues“. --- Die russlanddeutsche Lyrikerin Nelly Wacker emigriert nach Deutschland. --- Dante Andrea Franzetti wird der Adelbert-von-Chamisso-Preis verliehen. --- Stevan Tontic veröffentlicht den Gedichtband „Handschrift aus Sarajewo“. --- Senada Marjanovic veröffentlicht „Herzschmerzen. Gespräche vom Krieg mit Kindern aus dem ehemaligen Jugoslawien“. --- In Göttingen gibt die „Griechische Gemeinde Göttingen“ die Zeitschrift „Ellinika“ heraus.
1995 In Nordrhein-Westfalen wird das „Landeszentrum für Zuwanderung (LzZ)“ gegründet. --- In Frankfurt wird als Kulturbörse für internationale Künstler aller Sparten die „Inter.Art“ gegründet. --- Espérance-François Bulayumi verbindet in „Sina – Das Kongo Schicksal“ die eigenen Erfahrungen mit der kongolesischen Kultur. --- Elias O. Dunu aus Nigeria veröffentlicht seinen Lyrikband „Inner Slums / Herznebel“. --- Der Peruaner Sergio Rivera lässt sich in Wiesbaden nieder, wo er die Zeitschrift „El Rincón del Lector“ herausgibt. --- Der Lyriker Segundo Castillo aus Peru lässt sich in Deutschland nieder. --- In München wird die „Lusifonia“ gegründet, eine Gesellschaft für die Verbreitung der Kulturen portugiesischsprachiger Länder. --- José Leal veröffentlicht das vom Modernismo Brasileiro beeinflusste Erzählwerk „Kanniballade – Anthropophagische Erzählungen in zwei Sprachen“. --- Von Zé do Rock aus Brasilien erscheint „fom winde verfeelt“. --- Agnes Giesbrecht gründet den „Literaturkreis der Deutschen aus Rußland“. --- Igor Poljanskij gründet das Berliner Journal „Spiegel der Geheimnisse“. --- Russische Exilanten um Alexander Lajko und Andreas Mazurkov gründen die deutsch-russische Zeitschrift „Studija“. --- György Dalos aus Ungarn erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- In Köln wird zunächst Nada Kokotovics „Koreodramatheater“ gegründet, im Jahr darauf folgt Nedjo Osmans „Romano Theatro“. – In der Hessischen Landesvertretung in Bonn findet das „Symposium zur Verteidigung der Kultur in Bosnien und Herzegowina“ statt. --- In Tübingen wird die zweisprachige Zweimonatsschrift „Kassandra“ gegründet.
1996 Zur Koordination der Kulturaktivitäten des Goethe-Instituts wird in München das „Goethe-Forum“ eingerichtet. --- Die „Mainzer Litera-touR“ wird gegründet. --- Die „Vereinigung griechischer Schriftsteller/innen in Deutschland“ wird gegründet. ---Sélom Komlan Gbanou gibt im Bremer Palabres-Verlag die „Revue Culturelle Africaine“ heraus. --- Der gebürtige Nigerianer Eze Chi Chiazo veröffentlicht seinen Gedichtband „Fremdenlieder“. --- Paul Oyema Onovoh gibt seinen Lyrikband „Chibeze“ heraus; er enthält Gedicht auf Deutsch, Englisch und Igbo. --- Ryad Alabied gibt seinen arabisch-deutschen Gedichtband „Garten der Begierde“ heraus. --- Der in Deutschland lebende Peruaner José Pablo Quevedo veröffentlicht seinen Lyrikband „Immer ein Anderer“. --- Nach fast dreißigjährigem Aufenthalt in Deutschland veröffentlicht die Brasilianerin Elza Wagner-Carrozza die autobiogaphische Erzählung „A viagem para a Alemanha“. --- Erstmals erscheinen die „Russlanddeutschen Literaturblätter“ mit Beiträgen von 26 Autoren. --- Yoko Tawada erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- In Hamburg wird das kurdische „Teatroya Newroz“ gegründet. --- Die Bosnierin Safeta Obhodaš veröffentlicht den Roman „Das Geheimnis – die Frau“. --- Emina Cabaravdic-Kamber veröffentlich ihr bosnisch-deutsches „Hamburger Kriegstagebuch“. --- In Stuttgart erscheint „Wir selbst. Rußlanddeutsche Literaturblätter“.
1997 Das „Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL)“ vergibt den „Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien in Augsburg“. --- José F. A. Oliver und Güney Dal werden mit dem Chamisso-Preis ausgezeichnet. --- der Inder Rajvinder Singh wird Stadtschreiber von Rheinsberg. --- Said A. M. Khamis wird auf den Lehrstuhl für Literatur in afrikanischen Sprachen in Bayreuth berufen. --- Daniel Mepin, der ehemalige kamerunische Kulturattaché in Berlin, veröffentlicht seinen Roman „Die Weissagung der Ahnen“. --- Walter Lingán regt in Essen die Gründung des Dachverbands „Autores Latinoamericanos en Alemania“ für lateinamerikanische Schriftsteller an. --- Der Peruaner Marco Alcántara veröffentlicht seinen Lyrikband „Der Wilde – El salvaje“. --- Der Literaturkreis „ALAM“ („Autores Latino-Americanos de Munique“) veranstaltet das Symposion „Heimat oder Fremde? Drei brasilianische Autoren in Deutschland“. --- Der erste „Russlanddeutsche Literaturkalender“ erscheint. --- Die in Deutschland lebende Russin Ol'ga Besenkovskaja veröffentlicht ihren Lyrikband „Zwei Sprachen - zwei Farben“. --- In Berlin erscheint die erste Nummer der griechischen Monatszeitschrift „Chronika“. --- In Bonn erscheint erstmals der „Rußlanddeutsche Literaturkalender“.
1998 Petros Kirimis und Michaelis Patentalis gründen den „Verein Griechischer Autor/innen Nordrhein-Westfalen“ – im Folgejahr wird in Düsseldorf das erste Forum griechischer Literatur eröffnet. --- In Dortmund erscheint unter der Ägide Veye Tatahs erstmals die Zeitschrift „Africa Positive“, die eine verbesserte Wahrnehmung Afrikas zum Ziel hat. --- Im Heimatmuseum Wedding wird die Ausstellung „Kommen, Gehen, Bleiben“ über hundert Jahre afrikanisch-deutscher Migrationsgeschichte eröffnet. --- Thomas Mazimpaka aus Ruanda schildert in „Ein Tutsi in Deutschland“ seine Erlebnisse während des Asyls. --- Der Burunder Domitien Ndihokubwayo veröffentlicht seinen Märchenband „War es einmal…“. --- Der Kolumbianer Germán Cuervo, Verfasser des Romans „El Mar“, lässt sich in Deutschland nieder. --- Der in Wien lebende tschechische Autor Pavel Kohout verfasst „Meine Frau und ihr Mann. Eine Beichte“. --- In Frankfurt a. M. wird der „Verband russischer Autoren in Deutschland“ gegründet. --- Natascha Wodin erhält den Adelbert-von-Chamisso-Preis. --- Am Prenzlauer Berg in Berlin wird das „Russische Kammertheater“ gegründet. --- Aise Aktay und Sinasi Dikmen gründen das „Kabarett Änderungsschneiderei (KÄS)“. --- Ivan Otts zunächst auf Slowenisch erschienener Roman „Geraubte Kindheit“ wird im SDR in einer Hörspielfassung gesendet. --- In Bonn findet erstmals die „Bonner Buchmesse Migration“ statt.
1999 In der taz erscheint am 28.1. das „Manifest gegen Mültikültüralizm, gegen demokratische und hybride Deutsche sowie konformistische Migranten“. --- Nach dem Regierungswechsel erfolgt eine Änderung des Aufenthaltsrechts: Künftig müssen Jugendliche, die nach dem 1.1.2000 in der BRD geboren sind, ab einem Alter von 23 für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. --- Emine Sevgi Özdamar wird der Adelbert-von-Chamisso-Preis verliehen.
2001 Das Mitteleuropazentrum der TU Dresden und die Robert Bosch Stiftung gründen in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft der TU Dresden die „Chamisso-Poetikdozentur für Migrantenliteratur“.

 

Quellen und Lektürehinweise:

 

  • Yousefi, Hamid Reza; Braun, Ina: Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 2011
  • Chiellino, Carmine (Hrsg.): Interkulturelle Literatur in Deutschland. Ein Handbuch, Stuttgart, Metzler, 2007
  • Wierlacher, Alois; Bogner, Andrea (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Germanistik. Metzler, Stuttgart/Weimar, 2003
  • Müller, Peter; Cicek, Jasmin (Hrsg.): Migrantenliteratur. Stuttgart: 2007 (Materialien für den Unterricht)
  • Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): Literatur und Migration (TEXT+KRITIK Sonderband). München: edition text + kritik, 2006
  • Amodeo, Immacolata; Heidrun Hörner; Christiane Kiemle (Hrsgg.:) Literatur ohne Grenzen: Interkulturelle Gegenwartsliteratur in Deutschland: Porträts und Positionen. Sulzbach (Taunus): U. Helmer, 2009
  • Kara, Sibel (Red.): Migrationsliteratur: Eine neue deutsche Literatur? (Themendossier der Heinrich-Böll-Stiftung). Berlin: Heinrich-Böll-Stiftung, 2009. Unter: http://migration-boell.de/downloads/integration/DOSSIER_Migrationsliteratur.pdf (24.05.2013)

 

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